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2000 | Energiewende

Foto: Windkraftanlagen drehen sich hinter einem blühenden Rapsfeld in einem Windpark.
dpa

14. Juni 2000
Der Anfang vom Atomende

Rot-Grün läutet ein neues Energie-Zeitalter ein. Der Atomkonsens vom 14. Juni 2000 sowie das Erneuerbare-Energien-Gesetz stellen die notwendigen Weichen für den Atomausstieg.

Am 14. Juni 2000 ist es endlich soweit: Der Anfang vom Atomende ist gemacht. Gut anderthalb Jahre nach Regierungsübernahme kommt es zu einem Atomkonsens zwischen Politik und Wirtschaft, der den Ausstieg aus der Kernenergie festschreibt. Der Titel: "Vereinbarung zwischen Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen". Die rechtliche Absicherung des Vertrags erfolgt zwei Jahre später durch die Novellierung des Gesetzes.

In dem Atomkonsens vorgegeben ist eine maximale Laufzeit der Atomkraftwerke. Von Betriebnahme eines Meilers an, so besagt der Konsens, darf er im Schnitt maximal 32 Jahre lang laufen. Außerdem wird für jedes Kernkraftwerk eine Strommenge festgeschrieben, welche dieses noch produzieren darf. Ist diese Menge erreicht, muss es stillgelegt werden. 

Lang geplanter Atomausstieg

Damit kann die SPD endlich umsetzen, was seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Partei diskutiert und 1986 auf dem Nürnberger Parteitag beschlossen wird: die Abkehr von der Nutzung der Kernenergie. Schon zwei Jahre zuvor auf dem Essener Parteitag machen die Sozialdemokraten deutlich: Kernkraft ist nur noch für eine Übergangszeit zu verantworten.

Von Anfang an Bestandteil des Atomausstiegs ist auch das Einsparen von Energie. So heißt es in einem Parteitagsbeschluss von 1986: "Wir wollen mit weniger Verbrauch an Energie, Rohstoffen und Landschaft, bei sinkender Belastung von Luft, Wasser und Boden, mit geringeren Risiken sinnvoller produzieren." 

Erneuerbare Energien fördern

Maßgeblich und nach wie vor essentiell für die eingeläutete Energiewende ist vor allem auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das am 1. April 2000 das Stromeinspeisungsgesetz ablöst. International ist das Gesetz auch als "Scheer’s law" bekannt – benannt nach dem Sozialdemokraten Hermann Scheer (1944-2010), der entscheidend an der Ausarbeitung des Gesetzes mitgearbeitet hat.

Mit Vergütungssätzen für Strom aus regenerativen Energien sowie einer vorrangigen Abnahmepflicht dieser Energien setzt das EEG die nötigen Anreize, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern.

Das Potenzial der erneuerbaren Energien ist der SPD bereits in den 80er Jahren bekannt. In einem Essay in der "Zeit" schreibt der forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Volker Hauff, im September 1986:

"Bei Verzicht auf Atomkraft müssen neben dem Sparen regenerative und fossile Energieträger eingesetzt werden. Bisher schätzt man zum Beispiel den Anteil der regenerativen Energieträger (Sonnenenergie, Biomasse, Wind) am gesamten Primärenergieverbrauch im Jahre 2000 auf höchstens ein Zehntel. Das hat im wesentlichen zwei Gründe: Heute noch hohe Herstellungskosten und eine zu geringe weltweite Nachfrage. Das wird sich schnell ändern ... Wenn wir statt weitere Milliarden in die Atomkraft zu stecken, (...) massiv in die Solarenergie investieren, können wir sicher große Fortschritte erreichen. Hier liegt eine große industriepolitische Chance für unser Land. Ich teile die Auffassung von Carl Friedrich von Weizsäcker, daß wir die Chance nutzen müssen, auf lange Sicht ein Energiesystem aufzubauen, das die Solarenergie als einen Hauptenergieträger vorsieht. Wir stehen nicht in der Mitte des Atomzeitalters, sondern am Anfang des Solarzeitalters."

Die Idee, Sonnenenergie zur flächendeckenden Stromversorgung zu nutzen, geht indes noch weiter zurück: August Bebel hat bereits 1879 in seinem Buch "Die Frau und der Sozialismus" darüber nachgedacht, die Sonne der Sahara zu Strom zu machen und damit Deutschland und Europa zu versorgen.

Schwarz-Gelb gefährdet die Energiewende

Mit den durch Rot-Grün gesetzten Anreizen gelingt der zügige und dezentrale Ausbau der regenerativen Energien. Von Anfang an sind vor allem Genossenschaften und Privathaushalte die Träger der Energiewende. Dadurch gelingt es, dass 2012 der Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromversorgung in Deutschland bereits bei 25 Prozent liegt. 

Doch die Erfolgsgeschichte wird 2009 jäh unterbrochen. Kaum scheidet die SPD aus der Regierungskoalition aus, beschließen CDU und CSU gemeinsam mit ihrem neuen Partner FDP die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke – nur, um diese wenige Monate später nach dem Unglück im japanischen Fukushima im März 2011 zu revidieren.