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1920 | Kapp-Putsch

Foto: Putschisten am Brandenburger Tor um sieben Uhr morgens am 13. März 1920.
dpa

13. März 1920
Die Arbeiterschaft beendet Putsch der Reaktion

Freikorpsverbände besetzen die Hauptstadt und vertreiben die Reichsregierung um Gustav Bauer. Die junge Republik wankt. Doch die Demokratinnen und Demokraten schlagen vereint und friedlich zurück. So währt die Herrschaft der Kapp und Lüttwitz nur wenige Tage.

Die Republik ist gerade erst ein paar Monate alt. Ein Putsch von links, der Spartakusaufstand, ist gescheitert. Der Versailler Vertrag, der die deutsche Wirtschaft stark belastet, ist unterschrieben.

Nicht wenige empfinden ihn als "Schandfrieden". Nationalkonservative Kreise verbreiten die Mär der Dolchstoßlegende. Demnach wären die Revolutionäre von 1918 der kämpfenden Truppe in den Rücken gefallen und hätten so den sicher geglaubten Sieg  des Kaiserreiches verhindert.

Auch Wolfgang Kapp, Generallandschaftsdirektor in Ostpreußen, ist die Republik ein Dorn im Auge. Genauso wie den führenden Militärs, konservativen Großgrundbesitzern und den Freikorps.

Kapp, Militärs und Freikorps

In Freikorps sammeln sich Soldaten, für die der Krieg noch nicht zu Ende ist. Soldaten, die mit Menschenrechten und Demokratie nicht viel anfangen können.

Die Marine-Brigade Ehrhardt ist eines dieser Freikorps. Als Zeichen ihrer Gesinnung tragen die Soldaten ein Hakenkreuz am Helm. Mit Erlaubnis der westlichen Alliierten kämpft die Brigade im Baltikum gegen die sowjetische Armee. Aber im Januar 1920 wird sie in die Nähe von Berlin verlegt.

Ein Ziel und kein Plan

In Berlin trifft sich Kapp regelmäßig mit Generälen der Reichswehr und schmiedet Umsturzpläne. Erich Ludendorff, mitverantwortlich für die Dolchstoßlegende und während des Weltkrieges Chef der Obersten Heeresleitung, hält sich im Hintergrund. Auch mit der Marinebrigade Ehrhardt steht Kapp in Kontakt.

Die Putschpläne kursieren in Berlin, doch Reichswehrminister Gustav Noske nimmt sie nicht ernst genug, um Reichskanzler Gustav Bauer (beide MSPD) zu informieren.

Ein General auf Abwegen

Ende Februar 1920 erteilen die alliierten Siegermächte (Interalliierte Militär-Kontrollkommission) der Reichsregierung die Anweisung, die Marinebrigade Ehrhardt aufzulösen. General Walter Freiherr von Lüttwitz wird beauftragt, den Befehl auszuführen und das Freikorps zu entwaffnen.

Doch Lüttwitz widersetzt sich dem Befehl. Mehr noch: Er fordert am 10. März ultimativ die Auflösung des Parlaments, Neuwahlen und für sich selbst das Amt des Oberbefehlshabers der Reichswehr.

Ein unglaublicher Affront. Doch Lüttwitz wird nur "beurlaubt". Davon zeigt sich dieser unbeeindruckt und schließt sich den Verschwörern an.

"Truppe schießt nicht auf Truppe"

Der Putsch beginnt. In der Nacht vom 12. auf den 13. März marschiert die Brigade Ehrhardt  auf Berlin zu. Die Reichsregierung ist alarmiert. Noske ruft die wichtigsten Militärs zusammen.

Mit seiner Forderung, gegen die Putschisten gewaltsam vorzugehen, steht er nahezu allein. Nach dem Motto "Truppe schießt nicht auf Truppe" weigern sich die Generäle, gegen ihre ehemaligen Kameraden zu kämpfen.

Flucht der Regierung

Die Reichsregierung will einen Bürgerkrieg vermeiden und verlässt die Hauptstadt. Nur wenige Minister bleiben in Berlin. Reichspräsident Ebert, Kanzler Bauer und weitere Minister begeben sich erst nach Dresden und dann nach Stuttgart. Gerade noch rechtzeitig.

Kurz nach ihrer Abreise am Morgen des 13. März, einem Samstag, besetzt die Brigade Ehrhardt das Regierungsviertel.

Kapp ruft sich zum neuen Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten aus. Lüttwitz ernennt er zum Reichswehrminister und Oberbefehlshaber der Reichswehr.

In einem Aufruf an die Bevölkerung erklären sie die Parteienherrschaft für beendet. Streiks werde man schonungslos unterdrücken.

Die Muskeln der Gewerkschaften

Doch Reichspräsident Ebert und die Regierung um Gustav Bauer geben nicht auf. Gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) und der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände (AfA) ) rufen sie zum Generalstreik auf.

Dieser Aufruf zeigt Wirkung. Am Montag, dem 15. März, ist das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen. Es gibt keinen Strom und kein Gas. Busse und Bahnen fahren nicht. Der Deutsche Beamtenbund (DBB) schließt sich dem Streik an und die Ministerialbürokratie bricht zusammen. Nichts geht mehr! Auch die USPD und die KPD unterstützen nun den Streik.

Die Ruhrarmee

In Mitteldeutschland und im Ruhrgebiet formiert sich die rote "Ruhrarmee"  aus streikenden Arbeitern. Die bewaffneten Verbände erreichen eine Stärke von 50.000 bis zu 120.000 Mann, die dazu bereit sind, die Republik notfalls mit Gewalt zu verteidigen.

Währenddessen sitzen Kapp und Lüttwitz in Berlin im Dunkeln. Sie haben keine funktionierende Verwaltung, nicht einmal eine Kabinettsliste. Am 17. März flieht Kapp nach Schweden und Lüttwitz tritt zurück. Bei ihrem Abzug aus Berlin richtet die Brigade Ehrhardt ein Blutbad am Brandenburger Tor mit zwölf Toten an. Alle Täter gehen straffrei aus.

Ludendorff wird sich drei Jahre später am Putsch der NSDAP in München beteiligen.

Bis zu den Reichstagswahlen im Juni 1920 regiert das Kabinett Müller (MSPD). Die "Weimarer Koalition" (MSPD, DDP und Zentrum) erleidet schließlich eine verheerende Niederlage. Zusammen rutschen die Koalitions-Parteien unter die 50 Prozent-Marke, die sie auch bei den Wahlen in den folgenden Jahren nicht mehr brechen können. Erst 1928 wird die SPD wieder einen Kanzler stellen.