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Thomas Bäppler-Wolf
Ich bin einer von vielen. Ich bin einer von euch. Ich bin Sozialdemokrat.
Warum eigentlich SPD? Warum Sozialdemokratie? Die Antworten auf diese Frage sind bunt. Sie sind laut und trotzig, sie sind stolz und liebevoll.
Wir sind rund 400.000 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Und jede*r von uns bringt seine eigene, besondere Geschichte mit. Einige davon erzählen wir in unserem Projekt #1von400Tausend.
Mein Name ist Thomas Bäppler-Wolf...
... und als ich 18 Jahre alt war, habe ich mich mit einer Frau verlobt. Zum Schein. Weil niemand wissen sollte, dass ich homosexuell bin.
Dass ich mich zu Männern hingezogen fühle, weiß ich schon immer. Dazu stehen durfte ich aber fast ein Vierteljahrhundert lang nicht. Ich bin in den 70er-Jahren aufgewachsen. Eine Zeit, in der Homosexualität noch verboten war und verurteilt wurde. Eine Zeit, in der zwei Männer nicht Hand in Hand über die Straße gehen konnten. Ein öffentlicher Kuss: unvorstellbar.
Als ich mich während meiner Schulzeit vor meinen Eltern outete, waren sie geschockt. Ihr größtes Problem: „Was sollen denn die Nachbarn denken?“ Zu groß war die Angst vor Ausgrenzung. Also verheimlichte ich meine sexuelle Neigung vorerst weiter - und das, obwohl eigentlich jeder ahnte, dass ich schwul bin.
Mit 18 Jahren arbeitete ich dann als Tanzlehrer und kassierte eine Anzeige. Die Mutter eines minderjährigen Schülers fand heraus, dass ihr Sohn homosexuell ist. Sie war sich sicher: Das kann nur in der Tanzschule passiert sein. Sie warf mir vor, ihren Sohn verführt zu haben. Die Anzeige wurde zwar nach dem ersten Verhör eingestellt, doch mein damaliger Chef wollte unbedingt den Ruf seiner Schule retten. Also verlobte ich mich mit meiner Kollegin. Zum Schein. Sie war eingeweiht und wir verkündeten dies groß auf dem Abschlussball.
Damals war ich jung und nicht bereit, mich dem zu widersetzen. Das änderte sich aber schlagartig als ich mich mit Mitte 20 als Tanzlehrer selbstständig machte und mich dazu entschloss, auch Tanzkurse für homosexuelle Männer anzubieten. Eine Entscheidung, die nicht jedem gefiel, mich aber auf den richtigen Weg brachte: Endlich stand ich zu mir und meinen Gefühlen. Und begriff, dass es egal ist, was die Nachbarn denken, da sie mein Leben nicht leben.
2013 bin ich in die SPD eingetreten, um mich gemeinsam mit ihr für die Ehe für alle einzusetzen. Um gemeinsam dafür zu kämpfen, dass wir die gleichen Rechte bekommen. Dass wir respektiert werden. Und das haben wir geschafft! Nach 17 Jahren Beziehung durfte ich meinem Mann 2018 endlich das Ja-Wort geben – vor dem Gesetz. Dass das Realität geworden ist, macht mich unglaublich glücklich.
Wenn ich heute gefragt werde, warum es den CSD überhaupt noch braucht, da die Ehe für alle schließlich bereits durchgesetzt wurde, dann antworte ich immer: Ich bin früher auf die Straße gegangen, damit wir heute diese Rechte haben. Und ich werde das so lange tun, bis kein Mensch auf der Welt mehr für seine sexuelle Orientierung ermordet, verfolgt oder diskriminiert wird. Bis auch gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren dürfen. Bis sich keiner mehr wegen seiner Sexualität glaubt verstecken zu müssen. So lange werde ich meine Stimme erheben. Gemeinsam mit der SPD, die hinter der Community steht. Und genau deshalb ist sie auch meine Partei.