Arbeitsminister Hubertus Heil hat die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie erneut scharf kritisiert. Überlange Arbeitszeiten, schlechte Unterbringung und fehlender Corona-Schutz in Schlachtbetrieben seien Zustände, die teilweise, aber in erheblichem Umfang in der deutschen Fleischindustrie herrschten. „Diese Ausbeutung ist eine Schande für unser Land. Wir werden damit aufräumen“, sagte Heil im Bundestag.
Der Arbeitsminister will mit einem Arbeitsschutzkontrollgesetz Ausbeutungen in der Branche endgültig einen Riegel vorschieben.
Darum geht's
- Es kann nicht sein, dass Menschen aus Mittel- und Osteuropa in Deutschland ausgebeutet werden, damit skrupellose Firmen milliardenschwere Gewinne einfahren.
- In der Fleischbranche wurden gesetzliche Regelungen immer wieder trickreich umgangen. Eine Wurzel des Übels ist der massive Einsatz von Werkverträgen, bis zu 80 Prozent der Beschäftigten werden so beschäftigt. In den Fleischfabriken hat sich ein schwer durchschaubares Subsubunternehmertum entwickelt.
- Ab Januar wird es diese Konstrukte nicht mehr geben. Arbeitsminister Hubertus Heil wird Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche verbieten. Beim Schlachten, Zerlegen und in der Fleischverarbeitung dürfen Großbetriebe ab 2021 nur noch eigene Beschäftigte einsetzen. Bei Verstößen drohen Bußgelder. Ausgenommen von dem Verbot sind Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Beschäftigten.
- Außerdem wird die digitale Erfassung der Arbeitszeit vorgeschrieben, um Kontrollen zu erleichtern. Auch da wurde viel getrickst.
- Die Arbeitsschutzbehörden und der Zoll werden scharf kontrollieren. Sie werden häufiger prüfen, unter welchen Bedingungen gearbeitet wird, in was für Unterkünften die Beschäftigten wohnen, ob Transporte zur Arbeit so organisiert werden, dass sich nicht zwangsläufig alle mit dem Coronavirus anstecken.
- Viele Bundesländer haben den Arbeitsschutz kleingespart. Damit sie wieder mehr Personal einstellen, wird der Arbeitsminister vorschreiben, wie oft Betriebe geprüft werden müssen.
In der Debatte sagte Arbeitsminister Heil, Lobbyisten würden versuchen, das Gesetz aufzuweichen. Es sei noch nicht in trockenen Tüchern, sagte auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast. „Das ist kein politischer ‚Feldzug gegen die Wurst‘, sondern die Antwort auf ein Geschäftsmodell, das Menschen ausgebeutet hat.“ Das Corona-Virus habe gezeigt, wohin das Geschäftsmodell führe. „Die hart arbeitenden Menschen sind zu Tausenden krank geworden“, so Mast.
Es darf keine Beschäftigte zweiter Klasse geben
Der Arbeitsminister machte nochmals klar, worum es geht: „Jeder Mensch, der in Deutschland arbeitet, egal wo er geboren ist und welche Sprache er spricht, jeder, der zum Erfolg dieses Landes beiträgt, jeder, der fleißig ist, hat ein Anrecht darauf, vernünftig und anständig behandelt zu werden. Egal ob er oder sie die deutsche Sprache spricht oder nicht: Jeder Mensch hat das gleiche Recht auf Würde. Es darf keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zweiter Klasse geben.“