Olaf Scholz will mit Grünen und FDP eine Fortschrittsregierung schmieden. Vor den anstehenden Sondierungsgesprächen für eine Ampelkoalition skizziert er Schnittmengen – und auf welcher Grundlage ein solches Bündnis erfolgreich arbeiten kann.
Mit dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag haben die Bürgerinnen und Bürger nach Überzeugung von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auch eine klare Erwartungshaltung an die Politik deutlich gemacht. Denn SPD, Grüne und FDP haben – zum Teil deutlich – hinzugewonnen, alle anderen haben viele Stimmen verloren.
„Die drei Parteien der Ampel verbindet die Idee des Fortschritts“, beschreibt Scholz im Interview mit dem Spiegel die Gemeinsamkeit. Zweifellos gebe es zwar unterschiedliche, aber auch „durchaus überschneidende Vorstellungen davon“. So habe die Fortschrittsidee der SPD viel mit Respekt, der industriellen Modernisierung und mit dem Kampf gegen den Klimawandel zu tun. Vor allem letzteres spiele auch bei den Grünen „eine herausgehobene Rolle“. „Und der FDP geht es viel um die technologische Modernisierung und um Bürgerrechte.“ Vor diesem Hintergrund zeigt sich der Sozialdemokrat „optimistisch, dass eine Ampelkoalition gelingen kann.
„…wo niemand auf den anderen herabblickt“
Mit Blick auf die eigenen Schwerpunkte betont Scholz, dass Respekt in der Gesellschaft wieder eine große Rolle spielen müsse – Anerkennung für jeden beruflichen Weg und jede Lebensleistung. „Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der wir uns bei ganz unterschiedlichen Berufen, Lebensstilen und Wohnorten auf Augenhöhe begegnen. Wo niemand auf den anderen herabblickt.“ Fortschrittliche Parteien müssten etwa dafür sorgen, dass auch Kinder aus armen Elternhäusern studieren können – gleichzeitig aber die Leistung einer Handwerkerin, des Lebensmittelverkäufers, der Paketbotin oder des Altenpflegers ebenso wertschätzen. Arbeit, „die genauso viel wert ist wie die Arbeit von jemandem, der wie ich Jura studiert hat und als Rechtsanwalt tätig war“.
Vertrauen und auf Augenhöhe
Neben ehrgeizigen Zielen für das Land will Scholz auch einen neuen Regierungsstil etablieren. Vor allem die Erfahrungen aus den gescheiterten Jamaica-Verhandlungen 2017 und auch aus der schwarz-gelben Regierungszeit von 2009 bis 2013 hätten gezeigt, dass es ohne echtes gegenseitiges Vertrauen nicht funktioniere. Politische Führungsleistung zeige sich darin, „dass die Parteien auf Augenhöhe miteinander reden und sich alle im Koalitionsvertrag wiederfinden“. Es gehe darum, dass „man sich ernsthaft aufeinander einlässt“.