Die Digitalisierung bietet das Potenzial, die politische Kommunikation zu demokratisieren. Informationen sind freier verfügbar als je zuvor, die Hürden für Meinungsäußerung waren nie so niedrig, digitale Netzwerke erlauben ganz neue Formen der politischen Selbstorganisation. Für all das haben demokratische Parteien wie die deutsche Sozialdemokratie lange gekämpft.
In der öffentlichen Wahrnehmung werden diese zivilisatorischen Errungenschaften aber überlagert von der Sorge, dass der Missbrauch dieser neuen Formen der Kommunikation Manipulationen der öffentlichen Meinung (oder gar von Wahlen) erleichtern und die politische Kultur in Deutschland dauerhaft beschädigen könne. Wir nehmen diese Sorgen sehr ernst – zeigen doch Erfahrungen aus dem Ausland, dass sie nicht unbegründet sind.
Dabei geht es zunächst um Selbstverständlichkeiten: Falsche Tatsachenbehauptungen, volksverhetzende Inhalte sind schon in der „analogen Welt“ tabu, sie sind es auch in der digitalen. Allerdings führt die Struktur der sozialen Netzwerke dazu, dass gerade auch in Wahlkampfzeiten die Kommunikation dezentralisiert wird.
Das heißt in der Konsequenz: Die Parteien tragen nicht nur unmittelbar Verantwortung dafür, wie sie selbst auf zentraler Ebene kommunizieren. Sie tragen auch eine mittelbare Verantwortung, wie ihre Mitglieder und Unterstützerinnen und Unterstützer kommunizieren. Parteien dürfen deshalb keine Debattenkultur dulden, die das Verbreiten von Verleumdung, Hass und Hetze fördern.
Wir schlagen deshalb vor, dass sich Parteien von der Erstellung und Verbreitung sogenannter „Fake-News“ distanzieren. Außerdem schlagen wir vor, dass sich die Parteien verbindlich auf den Verzicht manipulativer „Social Bots“ verpflichten.
Das Grundgesetz räumt den politischen Parteien in Deutschland eine besondere Stellung ein. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung. Wir sind entschlossen, dieser Verantwortung nachzukommen. Wir rufen alle Parteien dazu auf, dass wir im digitalen Wahlkampf Regeln des demokratischen Wettstreits beachten. Dieses Problem ist nicht technisch zu lösen. Deshalb wollen wir ein "Fairnessabkommen für den digitalen Wahlkampf" initiieren.
Die neuen digitalen Mittel der Politik dürfen nicht zu Propaganda und Manipulation führen. Man kann sich als Demokratin oder Demokrat gegen erfundene Geschichten, Verschwörungstheorien, Hetzerei und Pöbelei nur wenig wehren. In einer vergifteten politischen Öffentlichkeit kommen keine Argumente durch. In einem Cyber-Wahlkampf mit Spielern von außen wird die ganze Demokratie in Gefahr gebracht. Das Vertrauen der Menschen in die Politik würde bei Tolerierung dieser Methoden noch mehr leiden würde.
Im Bundestagswahlkampf dürfen Kriminelle, die im Internet manipulieren, nicht mit der Toleranz der Parteien rechnen.