„Deutschland braucht nicht weniger als einen völlig neuen Aufbruch.“ SPD-Chef Martin Schulz forderte in einer engagierten Rede auf dem Bundesparteitag in Bonn für Mut und Entschlossenheit zu Koalitionsverhandlungen. Denn: „Nur eine starke und geschlossene SPD kann unser Land und Europa stark machen!“
Die gescheiterten Jamaika-Gespräche haben Deutschland eine schwierige Situation beschert und die SPD vor die Entscheidung gestellt: Koalitionsgespräche mit der Union oder Neuwahlen. „Als Sozialdemokrat ist es mein Politikverständnis und meine Überzeugung, dass wir in dieser Sondersituation mindestens ausloten müssen, was wir für die Verbesserung im Leben der Menschen in Deutschland und in Europa erreichen können.“
Schulz warb für Koalitionsgespräche, „denn wenn wir uns die Ergebnisse der Sondierungen anschauen, dann können wir sagen: Wir haben eine Menge erreicht und könnten damit vieles, was wir im Wahlkampf versprochen haben, einlösen.“
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„Mit Mut zur Entschlossenheit“
Ganz zentral aus seiner Sicht ist die erreichte Revolution in der Bildungspolitik. Die SPD habe gegen CDU und CSU alle ihre Forderungen 1:1 durchgesetzt: gebührenfreie Kitas, Rechtsanspruch auf Ganztagsschulplätze, Investitionen in modernere Schulen, Aufhebung des Kooperationsverbots, so dass der Bund Länder und Gemeinden dabei finanziell unterstützen kann, Ausbau und Ausweitung des BAföG, Kinderrechte ins Grundgesetz – „die größte Bildungsoffensive in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik“, betonte Schulz.
Der Parteichef warb auch für den historischen politischen Wandel in der deutschen Europapolitik – „ein Manifest eines europäischen Deutschlands, das sich seiner Verantwortung für Freiheit, Demokratie, Zusammenhalt und Solidarität in Europa bewusst ist“, fasste er den erreichten Paradigmenwechsel in der Europapolitik zusammen. Schluss mit der reinen Sparpolitik und hin zu einer gemeinsam stärkeren Verantwortung für Europa. „Für mich als überzeugter Europäer ist das ein historischer Erfolg“, betonte Schulz. „Ohne die SPD wird es keinen mutigen Impuls für die Zukunft Europas geben.“
Die Liste der SPD-Erfolge in den Sondierungen entspreche in den meisten Punkten des SPD-Wahlprogramms. Doch mit den Sondierungen seien die inhaltlichen Verhandlungen mit der Union nicht abgeschlossen, machte Schulz deutlich. „Befristete Arbeitsverhältnisse müssen die Ausnahme sein. Diesen Punkt werden wir wieder aufrufen“, versprach der Parteivorsitzende. Auch das Ziel, die Zwei-Klassen-Medizin abzubauen, werde er nicht aufgeben: „Wir werden konkrete Maßnahmen zum Abbau der Zwei-Klassen-Medizin verlangen – und wir werden diese durchsetzen.“ Es fehle ihm auch eine Härtefall-Regel im Familiennachzug bei der Flüchtlingspolitik: „Eine Härtefall-Regel wird kommen“, sicherte Schulz zu.
Koalitionsgespräche oder Neuwahlen, darüber entscheidet der Parteitag an diesem Sonntag. Die Befürchtung der Kritiker einer Großen Koalition, dass die SPD in einer Regierung den notwendigen Erneuerungsprozess der Deutschen Sozialdemokratie nicht durchführen könne, teilt Schulz nicht. „Regieren und Erneuern schließen sich nicht aus – die Erneuerung gelingt nicht nur in der Opposition, sie kann dort genauso gut scheitern.“
Für Martin Schulz bleibt der Erneuerungsprozess die wichtigste Aufgabe der SPD. Und er zeigte sich überzeugt: „Eine SPD, die sich erneuert, die den Draht in die Gesellschaft wieder verstärkt, die sich durch noch bessere und stets an die Partei, aber auch an die Wählerinnen und Wähler rückgebundene Regierungsarbeit und so wieder Vertrauen gewinnt. Eine solche SPD wird in vier Jahren stärker sein als heute. Eine solche SPD wird gewählt. Eine solche SPD kann auch wieder Wahlen gewinnen.
Mit Mut zur Entschlossenheit.“
Rede von Martin Schulz beim außerordentlichen SPD-Bundesparteitag in Bonn
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