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Aktuelles

Foto: Sigmar Gabriel
dpa
03.02.2016 | Bundeskabinett

Verantwortung und Vernunft


Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das sogenannte Asylpaket II auf den Weg gebracht. „Es hilft, für Ordnung zu sorgen, den Druck zu mindern und für die wirklich bedrohten Menschen aufnahmefähig zu bleiben“, so SPD-Chef Sigmar Gabriel. Außerdem wurden neue Steueranreize für den Bau von Mietwohnungen und eine bessere Vermittlung von langzeitarbeitslosen Menschen beschlossen.

Die Beschlüsse im Überblick

  • Der Familiennachzug wird für einen Teil der Flüchtlinge für zwei Jahre ausgesetzt. Dies betrifft Flüchtlinge mit eingeschränktem („subsidiärem“) Schutzstatus. Also Flüchtlinge, die selbst nicht Opfer individueller politischer oder religiöser Verfolgung sind, sondern die aus humanitären Gründen einen befristeten Schutzstatus bekommen. Bis zum 31. Juli 2015 hatte dieser Teil von Flüchtlingen ohnehin keinen Anspruch auf Familiennachzug. Insgesamt handelt es sich um den kleineren Teil der nach Deutschland Geflüchteten. Ihr Anteil unter Syrern betrug in der Vergangenheit etwa 18 Prozent. „Diesen Anteil erwarten wir auch jetzt“, sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Die Koalition habe den Familiennachzug dieser speziellen und eher kleinen Gruppe von Flüchtlingen zu einem Zeitpunkt gewährt, „als wir noch nicht von einer Zahl von mehr als einer Million Flüchtlingen im Jahr 2015 ausgegangen waren“. In zwei Jahren wird die Beschränkung des Familiennachzugs auch für „subsidiär Schutzbedürftige“ automatisch wieder entfallen, erläutert der Vizekanzler.


  • Die Bundesregierung will in diesem Jahr europaweit einen von den Vereinten Nationen organisierten, geregelten und berechenbaren Zuzug von Flüchtlingen („Kontingentlösungen”) vereinbaren. „Innerhalb dieser Kontingente wollen wir den Vorrang des Familiennachzugs einführen“, erklärt Gabriel. Neben anerkannten Flüchtlingen könnten damit auch „subsidiär Schutzbedürftige“ ihre Ehepartner und Kinder, die noch in Flüchtlingslagern in der Türkei, Jordanien und dem Libanon leben, leichter nachholen.

  • Außerdem haben CDU und CSU einem seit Monaten vorgetragenen Vorschlag von SPD, Wirtschaft und Gewerkschaften zugestimmt: Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die erfolgreich eine Ausbildung in Deutschland abschließen, dürfen mindestens zwei Jahre auch bei uns arbeiten – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Handwerksbetriebe und andere kleinere Unternehmen würden Flüchtlinge nur ausbilden, „wenn klar ist, dass die Ausbildung beendet werden kann und danach auch eine Arbeitserlaubnis besteht“, so der Wirtschaftsminister. „Das kommt jetzt endlich.“


  • Marokko, Tunesien und Algerien sollen zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Damit könnten Migranten aus diesen Ländern, die geringe Chancen auf ein Bleiberecht haben, künftig leichter und schneller zurückgeführt werden. Neben dem Bundestag muss allerdings auch noch der Bundesrat einer solchen Regelung zustimmen.

  • Die Bundesregierung will zudem mit größerem Nachdruck auf die Regierungen der Herkunftsländer einwirken, ihre Staatsbürger auch wieder aufzunehmen, wenn deren Asylanträge abgelehnt worden sind. Gabriel: „Auch diese Schritte helfen uns, für Ordnung zu sorgen, den Druck zu mindern und für die wirklich bedrohten Menschen aufnahmefähig zu bleiben.“


  • Zum besseren Schutz von Minderjährigen müssen Personen, die in Flüchtlingsunterkünften in der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen tätig sind, künftig ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.

  • Um den Wohnungsbau in angespannten Mietmärkten mit neuen Steueranreizen stärker anzukurbeln, will die Bundesregierung eine befristete Sonderabschreibung einführen. Ziel ist, dass Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment neu gebaut werden. Die Anreize in Höhe von 2,15 Milliarden Euro bis 2020 sollen vorrangig in Ballungsgebiete und Universitätsstädte fließen, in denen bezahlbare Wohnungen knapp sind. Die neue Förderung wirke zielgenau, schnell und sozial, so Bauministerin Barbara Hendricks. „Wir brauchen jetzt mindestens 350.000 neue Wohnungen pro Jahr – nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle, die bezahlbaren Wohnraum benötigen und schon immer hier leben.“ Gefördert würden keine Luxuswohnungen. Dem Gesetz muss der Bundesrat zustimmen.

  • Seit Jahren gibt es in Deutschland fast unverändert knapp eine Million Langzeitarbeitslose. Das will Arbeitsministerin Andrea Nahles ändern. Jobcenter sollen Langzeitarbeitslose künftig besser vermitteln und dafür von Bürokratie befreit werden. Ihr Gesetzentwurf sieht vor, die Arbeit in den Jobcentern zu erleichtern und Abläufe zu beschleunigen - zum Beispiel dadurch, dass Hartz-IV-Leistungen nicht mehr nur für sechs, sondern für zwölf Monate bewilligt werden. Das Reformpaket geht auf die Vorschläge einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zurück.