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Bundesversammlung
Wer wählt für die SPD den Bundespräsidenten?
Am Sonntag kommt die Bundesversammlung zusammen, um den Bundespräsidenten zu wählen. Unter den 1472 Wahlmännern und Wahlfrauen sind neben Politiker:innen ganz unterschiedliche Menschen, die die Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden. Ob Friseurin, Krankenpfleger, Journalistin, Sozialarbeiter, Sportlerin oder Kulturschaffende – die von der SPD vorgeschlagenen Wahlfrauen und Wahlmänner engagieren sich alle auf ihre Weise für ein soziales, gerechtes und offenes Deutschland. Wir stellen einige vor:
Aus Schleswig-Holstein wird die Friseurin Wiebke Exner dabei sein. „Das ist eine Chance, die man nur einmal im Leben bekommt und eine große Ehre. Ich bin sehr gespannt, das alles einmal aus der Nähe zu erleben!“, sagt die alleinerziehende Mutter aus Glinde. Sie ist bereits klar in ihrer Wahlentscheidung: „Ich will Herrn Steinmeier. Er redet Tacheles und ist auf dem Boden geblieben. Der Mann tut unserem Land gut, man kann ihm vertrauen.“
„Ich habe zuerst an einen Aprilscherz gedacht“
Die Krankenpflegerin und Betriebsrätin Angela Steinhauer reist aus dem nordrhein-westfälischen Ülpenich an. Teamgeist, Fairness, Respekt, sich für andere einsetzen. Darum geht es der 57-Jährigen. „Ich habe zuerst an einen Aprilscherz gedacht“, sagt Steinhauer über das Telefonat, bei dem sie darüber informiert wurde, dass auch sie den nächsten Bundespräsidenten wählen soll. Sie freut sich über die große Ehre, dabei sein zu dürfen.
Mit ihrer Nominierung möchte die SPD laut NRW-Parteichef Thomas Kutschaty die Wertschätzung für die Pflegeberufe ausdrücken. „Sie steht stellvertretend für all die, die jeden Tag und Nacht im Kampf gegen die Pandemie im Einsatz ist.“ Das gelte auch für den Fluthelfer Patrick Schönenborn, dessen Wohnung in Schleiden in der Hochwasser-Katastrophe zerstört wurde. „Trotzdem ist er für die Freiwillige Feuerwehr unermüdlich im Einsatz, um beim Wiederaufbau tatkräftig mit anzupacken. Es freut mich sehr, dass wir diesen beiden starken Persönlichkeiten damit ein wenig Ehre erweisen können“, sagt Kutschaty.
Wiebke Exner| Friseurin
„Das ist eine Auszeichnung für mich und wie ein Sechser im Lotto.“
Angela Steinhauer | Krankenpflegerin und Betriebsrätin
„Ich habe zuerst an einen Aprilscherz gedacht.“
Patrick Schöneborn | Fluthelfer
„Wer hätte gedacht, dass ich kleines Eifel-Licht mal unser Staatsoberhaupt wählen darf?“
Lynn Boysen | Auszubildende zur Pflegefachfrau
„Ich bin total aufgeregt, so eine Möglichkeit bekommt man nicht oft in seinem Leben.“
Jana Majunke | Paracyclerin
Robert Kenzler | Intensivpfleger
„Ich bin total aufgeregt, so eine Möglichkeit bekommt man nicht oft in seinem Leben“, sagt die Pflege-Azubi Lynn Boysen aus Brekling in Schleswig-Holstein.
Mit Jana Majunke und Robert Kenzler hat die SPD Brandenburg zwei Personen aus dem gesellschaftlichen Leben nominiert, die beide eine große Vorbildfunktion haben: Jana Majunke ist Sportlerin und hat während der Paralympischen Spiele in Tokio zwei Gold gewonnen. Robert Kenzler ist Pfleger am Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam und baute dort die Corona-Station mit auf.
Alexander Jorde | Intensivpfleger
Dr. Carola Holzner alias „Doc Caro“ | Notärztin
Jördis Frommhold | Chefärztin an der MEDIAN Klinik Heiligendamm, Lungenfachärztin
Özlem Türeci | Ärztin, Wissenschaftlerin und Biontech-Gründerin
Für all die, die im Kampf gegen die Pandemie im Einsatz sind
Die SPD Niedersachsen schickt Alexander Jorde. Der 26-jährige Pfleger auf einer Intensivstation arbeitet körperlich und psychisch häufig am Limit – und engagiert sich in der Gewerkschaft ver.di. Größere Bekanntheit erlangte auch die Notfallmedizinerin Dr. Carola Holzner aus dem Ruhrgebiet als „Doc Caro“ seit Beginn der Corona-Pandemie, da sie sich für eine umfassende Aufklärung zu diesem Thema einsetzt.
Aus Mecklenburg-Vorpommern kommt mit der Pulmologin und Chefärztin der Median Klinik in Heiligendamm, Dr. Jördis Frommhold, eine Vorreiterin bei der Therapie von Long-Covid. Und die rheinland-pfälzische SPD schickt mit Dr. Özlem Türeci die Biontech-Pionierin, die sich mit ihrem Mann Uğur Şahin mit der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs weltweit einen Namen gemacht hat.
Boysen, Kenzler, Jorde, Holzner, Frommhold und Türeci - sie alle stehen stellvertretend für die wichtige Rolle, welche die Pflege, Medizin und Wissenschaft in der Bekämpfung der Pandemie spielt.
Mit Dieter Puhl hat die SPD Berlin einen Interessenvertreter einer Gruppe unserer Gesellschaft in die Bundesversammlung geschickt, die lange Zeit keine Stimme hatte. Der Sozialarbeiter ist seit 28 Jahren in der Obdachlosenhilfe tätig und war jahrelang Leiter der Bahnhofsmission Zoologischer Garten in Berlin.
Dieter Puhl | ehemaliger Leiter der Berliner Bahnhofsmission am Zoo
Karla Spagerer | Zeitzeugin des Nationalsozialismus
„Mir blieb die Spucke weg.“
Ruth Gröne | Holocaust-Überlebende
Ajla Kurtovic | Angehörige eines Opfers des rechten Terroranschlags in Hanau 2020
„Es ist für mich eine riesengroße Ehre und ich bin sehr stolz, dass ich da teilnehmen darf.“
Zeichen gegen Gewalt, Rassismus und Menschenfeindlichkeit
Mit Karla Spagerer und Ruth Gröne sind zwei der wenigen noch verbliebenen Zeitzeuginnen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs vertreten. Beide erlebten die Verfolgung ihrer Familie durch die Nationalsozialisten von klein auf. Seit Jahren engagieren sie sich gegen rechts und erzählen über ihre persönliche Geschichte und dem Schicksal ihrer Familie. Sie sind glücklich in einer Demokratie zu leben und hoffen, dass es auch so bleibt. „Für die Demokratie muss man kämpfen“, sagt die 92-jährige Karla Spagerer. Und das tun diese beeindruckenden Frauen mit all ihren Mitteln.
Als Zeichen gegen Gewalt, Rassismus und Menschenfeindlichkeit schickt die SPD Hessen mit Ajla Kurtovic eine Angehörige eines Opfers des rechten Hanauer Terroranschlags in die Bundesversammlung. Ihr Bruder Hamza kam am 19. Februar 2020 als einer von neun Menschen mit Migrationsgeschichte beim rassistischen Anschlag von Hanau ums Leben.
Diese Promis wählen den neuen Bundespräsidenten
Auch zahlreiche Prominente bestimmen den Bundespräsidenten mit. Einer von ihnen ist Leon Goretzka. Im Trikot des FC Bayern geht er mit Leistung und Einsatzwille voran. Auch neben dem Platz zeigt der deutsche Nationalspieler klare Kante. Dabei lässt sich der 27-Jährige auch nicht von öffentlichem Gegenwind oder Hasskommentaren im Netz beirren. Immer wieder spricht er sich mit deutlichen Worten gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Stadion und die AfD aus – und wirbt für Zivilcourage im Kampf gegen Rassismus.
„An der Wahl zum Amt des Bundespräsidenten stimmberechtigt teilnehmen zu dürfen, ist eine große Ehre, für die ich sehr dankbar bin. Als die Einladung von Lars Klingbeil kam, habe ich daher sehr gerne ja gesagt“, sagt Goretzka. „Ich freue mich auf die Wahl mit der Bundesversammlung und hoffe sehr, dass wir auch mit der Nationalmannschaft bei den nächsten Turnieren wieder allen Grund liefern, einmal im Schloss Bellevue vom Bundespräsidenten eingeladen zu werden.“
Ohne Kultur keine Demokratie
Wie Goretzka setzt sich auch der Moderator Klaas Heufer-Umlauf aus der Pro-Sieben-Sendung „Joko und Klaas“ seit Jahren für Menschlichkeit und Verständigung ein. Mit Aktionen wie #Mundaufmachen, dem ungeschönten Bericht von Geflüchteten aus Moria zur besten Sendezeit oder seinem Einsatz gegen Rechtsextremismus nutzt er immer wieder seine Reichweite, um auf soziale Missstände aufmerksam zu machen.
Das politische Engagement von Roland Kaiser ist nicht nur bei seinen Fans bekannt. Der Sänger engagiert sich schon seit vielen Jahren in der SPD für soziale Gerechtigkeit. Er wird bei der Bundesversammlung das Staatsoberhaupt mitbestimmen wie auch der Musiker der Band „Leoniden“, Felix Eicke und Thees Uhlmann, der in seiner Kunst dem Rechtspopulismus eine bunte, schöne Weltsicht entgegen setzt.
Wie viele Kulturschaffende setzt sich auch die Schauspielerin Astrid Fünderich (Soko Stuttgart) außerhalb ihres Berufs für unsere Gesellschaft ein. Die 58-Jährige engagiert sich für chronisch kranke Kinder und ihre Familien, unter anderem als Mitglied im Kuratorium der Deutschen Kinderkrebsnachsorge. Fünderich wählt den Bundespräsidenten mit wie auch ihre Kolleg:innen Dietmar Bär (Tatort-Kommissar Freddy Schenk), „Wilsberg“-Hauptdarsteller Leonard Lansink, Denise M’Baye („Um Himmels Willen“ und „Rote Herzen“), Renan Demirkan (Dr. Klein), Eugene Boateng („Flensburg-Krimi“) sowie die Autor:innen Sophie Passmann, Shary Reeves, Tobias Schlegl und Julia Friedrichs.
Leonard Lansink alias „Wilsberg“ | Schauspieler
„Zum zweiten Mal Mitglied der Bundesversammlung zu sein ist mir eine unvorhergesehene Ehre.“
Astrid Fünderich | Schauspielerin
„Es ist eine große Ehre und ich freue mich sehr, dass ich als normale Bürgerin Teil dieses hohen Verfassungsorgans bin, um das Staatsoberhaupt unseres Landes zu wählen.“
Klaas Heufer-Umlauf | Moderator
„Es ist nicht die Zeit, nicht politisch zu sein.“
Denise M’Baye | Schauspielerin und Sängerin
Roland Kaiser | Sänger
„Es ist für mich eine große Ehre, Mitglied der größten parlamentarischen Versammlung der Bundesrepublik Deutschland sein zu dürfen.“
Renan Demirkan | Schriftstellerin, Schauspielerin und Gründerin von Checkpoint:Demokratie! e.V.
Dietmar Bär alias „Tatort“-Kommissar Freddy Schenk | Schauspieler
Julia Friedrichs | Journalistin, Autorin, Filmemacherin
Eugene Boateng | Schauspieler
Tobias Schlegl | Radio- und Fernsehmoderator, Reporter, Autor, Musiker, Notfallsanitäter und Seenotretter
„See ya, Bundesversammlung.“
Thees Uhlmann | Musiker
Shary Reeves | Journalistin, Schauspielerin, Autorin, Moderatorin, Produzentin
„Ich halte Frank-Walter Steinmeier für einen sehr guten Präsidenten.“
Sophie Passmann | Autorin, Moderatorin
So läuft die Wahl des Bundespräsidenten
Die Wahl des Bundespräsidenten ist in Artikel 54 des Grundgesetzes geregelt. Zusätzlich gilt das knapp gefasste Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung. Das Wichtigste im Überblick:
Für die Wahl des Bundespräsidenten tritt in der Regel alle fünf Jahre die Bundesversammlung zusammen. Sie setzt sich aus den Abgeordneten des Bundestags (aktuell 736) und einer gleich großen Zahl von Mitgliedern zusammen, die die 16 Landesparlamente entsenden. Die 17. Bundesversammlung am 13. Februar zählt also 1472 Mitglieder. Wie viele Sitze auf ein Land entfallen, hängt von dessen Bevölkerungszahl ab. Die Landtage wählen die Mitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Zum Zuge kommen vielfach Landtagsabgeordnete, aber auch Kommunalpolitiker:innen und Prominente wie Sportler:innen oder Kulturschaffende.
Zur Wahl stellen kann sich jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und das 40. Lebensjahr vollendet hat. Jedes Mitglied der Bundesversammlung kann Wahlvorschläge bei der Präsidentin des Deutschen Bundestags einreichen. Für den zweiten und dritten Wahlgang können neue Vorschläge gemacht werden. In der Regel werden die Kandidaten von Parteien nominiert. In diesem Jahr tritt der von SPD, Grünen, FDP, und CDU/CSU zur Wiederwahl vorgeschlagene Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier an, außerdem der von der Linken nominierte Mediziner Gerhard Trabert, der von der AfD ins Rennen geschickte langjährige CDU-Politiker Max Otte und die Physikerin Stefanie Gebauer für die Freien Wähler.
Unter normalen Umständen würde die Bundesversammlung im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes tagen. Dazu würde dort die Zahl der Sitzplätze verdoppelt. Dies ist unter Corona-Bedingungen aber nicht möglich. Deshalb weicht die Bundesversammlung auf das benachbarte Paul-Löbe-Haus aus. Der achtgeschossige Bau mit seinen rund 1000 Büros und 21 Sitzungssälen bietet mehr Platz. Die Mitglieder der Bundesversammlung werden dort auf mehreren Ebenen platziert - viele von ihnen werden daher den bisherigen und voraussichtlich neuen Bundespräsidenten nur auf dem Bildschirm und nicht persönlich zu sehen bekommen.
Die Sitzung der Bundesversammlung wird von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) geleitet. Sie wird zur Eröffnung eine Rede halten. Die Bundesversammlung gibt sich zunächst eine Geschäftsordnung, wobei in der Regel die Geschäftsordnung des Bundestags sinngemäß Anwendung findet. Zudem werden Schriftführerinnen und Schriftführer bestimmt. Dann wird die Bundestagspräsidentin die eingegangenen Wahlvorschläge verlesen und schließlich den ersten Wahlgang eröffnen. Jedes Mitglied der Bundesversammlung wird namentlich aufgerufen. Gewählt wird mit verdeckten amtlichen Stimmzetteln. Sind alle eingeworfen, zählen die Schriftführer:innen aus, was etwa eine Stunde dauern wird. Für den gesamten Wahlgang wird mit einer Dauer von rund zwei Stunden gerechnet.
Für den ersten und einen gegebenenfalls erforderlichen zweiten Wahlgang ist die absolute Mehrheit erforderlich. Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhält - diesmal also mindestens 737. Im dritten Wahlgang reicht dann die einfache Mehrheit. In einen dritten Wahlgang musste zum Beispiel der CDU-Politiker Christian Wulff am 30. Juni 2010 gehen. Deswegen und wegen langer Unterbrechungen nach den ersten beiden Wahlgängen dauerte die 14. Bundesversammlung damals neuneinhalb Stunden. Der Gewählte hat zwei Tage Zeit, um zu erklären, ob er die Wahl annimmt. Normalerweise macht er dies jedoch unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Anschließend hält er eine Rede.
Der neu gewählte Bundespräsident leistet später bei seinem Amtsantritt den Eid vor den versammelten Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat. Er spricht dabei dieselbe Formel wie zuletzt Olaf Scholz bei seiner Vereidigung als Bundeskanzler. Zudem legt der Bundespräsident bei dieser Gelegenheit in einer Rede eine Art Programm für seine Amtszeit vor. Da Steinmeier den Amtseid bereits nach seiner ersten Wahl 2017 geleistet hat, entfällt dies bei seiner absehbaren Wiederwahl. Würde einer seiner Mitbewerber gewählt, würde Steinmeiers Amtszeit am 18. März ablaufen.