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1912 | Weltkongress gegen den Krieg

Foto: Friedensdemonstration am 24.11.1912 zum Münster in Basel
Bernhard Wolf-Grumbach / Staatsarchiv Basel-Stadt

24. November 1912
Sozialdemokratischer Weltkongress gegen den Krieg

Auf dem "Sozialdemokratischen Weltkongress" beschließt die internationale Arbeiterbewegung das "Manifest gegen den Krieg".

Arbeitende Menschen wollen keinen Krieg. Sie sind Opfer von Kriegen. Schon in ihrer Gründungsphase wendet sich die Sozialdemokratie gegen jede Form von Militarismus und Kriegstreiberei. August Bebel geißelt in flammenden Reichstagsreden die Instrumentalisierung patriotischer Gefühle zur Hetze gegen andere Völker.

1912 sind die europäischen Großmächte hoch gerüstet. Krieg gilt nicht nur den in Deutschland herrschenden Hohenzollern als legitimes Mittel zur Fortsetzung der Politik, in diesem Falle imperialer Interessenpolitik. Schon seit fünf Jahren diskutieren besorgte Sozialdemokrat*innen aus ganz Europa über die Wahrscheinlichkeit eines Krieges, der den gesamten Kontinent erfassen könnte. Als Forum für solchen internationalen Austausch ist 1869 die Internationale in Basel gegründet worden.

555 Delegierte aus 23 Ländern

Am selben Ort, in Basel also, einer Hochburg der Sozialdemokrat*innen, treffen sich am 24. und 25. November 1912 555 Delegierte aus 23 Ländern zum "Friedenskongress der Zweiten Internationale". Aus Deutschland sind unter anderen August Bebel, Hugo Haase und Clara Zetkin gekommen. 

Die Delegierten verabschieden ein "Manifest gegen den Krieg". Die internationale Arbeiterbewegung verurteilt darin ohne Wenn und Aber jede Kriegstreiberei. An einem Friedenszug durch die Stadt beteiligen sich mehr als 10.000 Menschen. In einem Aufruf der Baseler Sozialdemokrat*innen heißt es:

"Nächsten Sonntag tritt in Basel der sozialdemokratische Weltkongress gegen den Krieg zusammen. Er wird sich den gewissenlosen Kriegshetzern, den Diplomaten, Offizieren und Fürsten, den profitlüsternen Armeelieferanten und ihren Zeitungssöldnern entgegenstemmen. ...

Er wird sein der Stimmenchor aller Völker des Erdballs, und diese Völker wollen den Frieden, wollen Frieden um jeden Preis, sind entschlossen, eine Ausweitung des Balkankrieges zum Weltbrande mit allen Mitteln zu wehren."

Sozialdemokraten werden als "vaterlandslose Gesellen" beschimpft

Die "Stimmen der Völker" erweisen sich als zu schwach. Die Kriegstreiber sind an der Macht und stärker. Geschickt setzen sie auf nationalistische Propaganda. 1914 bricht der Erste Weltkrieg aus. 

Mit knirschenden Zähnen stimmt eine Mehrheit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion der Bewilligung der Kriegskredite zu. Warum? Erstens: Die Beschimpfung der Sozialdemokrat*innen als "vaterlandslose Gesellen" zeigt Wirkung. Zweitens: Außerdem scheint es um die Bekämpfung des rückständigen Zarismus in Russland zu gehen.

Der Streit über das Abstimmungsverhalten der Reichstagsfraktion wird zur Spaltung der Partei führen. Die SPD ist keine pazifistische Partei. Selbst August Bebel, der entschiedene Antimilitarist, erklärt auf dem Essener Parteitag 1907: 

"Wenn wir wirklich einmal das Vaterland verteidigen müssen, so verteidigen wir es, weil es unser Vaterland ist, als den Boden, auf dem wir leben, dessen Sprache wir sprechen, dessen Sitten wir besitzen."

Die Vision der Vereinigten Staaten von Europa

Doch die SPD stellt sich konsequent jedem Angriffskrieg entgegen. Früh tritt sie für die Entwicklung des Völkerrechts ein. Auf ihrem Heidelberger Parteitag 1925 zeichnet sie die Vision der Vereinigten Staaten von Europa. Dass Hitler die Welt mit Krieg überziehen wird, ist Sozialdemokrat*innen von Anfang an bewusst – und sie machen kein Hehl daraus. Vergeblich. Hitler und seine Schergen schrecken, kaum an die Macht gekommen, vor keiner Brutalität zurück, ihre Gegner mundtot zu machen.

Dem Zweiten Weltkrieg folgt der Kalte Krieg. Die SPD weicht mit Willy Brandts und Helmut Schmidts "Ostpolitik" die Fronten auf. Egon Bahr prägt das Wort vom "Wandel durch Annäherung".