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1935 | Fritz Husemann
15. April 1935
Die Nazis töten "den Bergmann schlechthin"
Fritz Husemann ist 62 Jahre alt, als ihn die Nazis zum fünften Mal verhaften. Im KZ Börgermoor wird er misshandelt und "auf der Flucht erschossen".
Der "neue Vorwärts" nennt Friedrich Ernst Husemann in einem Nachruf den "deutschen Bergmann schlechthin". Rund 800 Menschen folgen in Bochum seinem Sarg. Sie trotzen damit dem Terror von SA und SS. Hitler ist seit zwei Jahren an der Macht. Dutzende Trauergäste werden verhaftet.
Fritz Husemann stammt aus dem Lipperland. In Leopoldsthal wird er am 19. September 1873 als Sohn eines Steinmetzmeisters geboren. Schon als Maurerlehrling interessiert er sich für Politik. Über die Fortschrittspartei findet er in Bielefeld zur SPD. Beitrittsdatum: 1. Mai 1891. Der "Kampftag der Arbeiterbewegung".
Wie viele seiner Altersgenossen folgt Husemann dem Ruf des Bergbaus ins Ruhrgebiet. Zunächst arbeitet er dort als Maurer, dann als Bergmann auf der Zeche Borussia in Dortmund. Von Beginn an engagiert er sich gewerkschaftlich. Der Ruhrbergbau erlebt gerade die ersten großen Streiks.
Der Maurer wird Journalist
1895 gründet Fritz Husemann in seinem Heimatort Leopoldsthal einen SPD-Ortsverein. Seit 1900 schreibt er für die Dortmunder Arbeiterzeitung, 1902 tritt er in die Dienste Bergarbeiterverbandes.
Im Ersten Weltkrieg wird er eingezogen. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs tritt Fritz Husemann im November 1918 an die Spitze des Bochumer Arbeiter- und Soldatenrats.
In der Weimarer Republik ist er Kommunalpolitiker, Mitglied des preußischen Landtags, dann Reichstagsabgeordneter. Vehement stemmt er sich gegen den anschwellenden Rechtsradikalismus. Die Nazis nehmen ihn ins Visier.
"Auf der Flucht erschossen"
Gleich nach Hitlers "Machtergreifung" wird Fritz Husemann zum ersten Mal verhaftet. Der amerikanische Bergarbeiterverband will ihm zur Flucht in die USA verhelfen. Husemann lehnt ab.
Er setzt, wie Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten es gelernt und immer vertreten haben, auf Recht und Gesetz und klagt gegen seine fristlose Entlassung aus dem Gewerkschaftsdienst. Das führt zu seiner fünften Verhaftung im März 1935.
Über das Polizeigefängnis Bochum kommt Fritz Husemann ins KZ Börgermoor, eines der berüchtigten Emslandslager ("Wir sind die Moorsoldaten…") Dort trifft er auf SS-Aufseher, die ihn aus dem Ruhrgebiet kennen. Er wird als "Bonze" verhöhnt und erniedrigt.
Schwer verletzt wird Fritz Husemann ins Krankenhaus Sögel eingeliefert. Dort stirbt er am 15. April 1935, drei Tage nach seiner Ankunft im KZ – angeblich an einer Bauchfellentzündung. Andere Quellen geben an, er sei "auf der Flucht erschossen" worden. Noch geben sich die Nazis Mühe, ihre Morde zu vertuschen.