Demokratie im Betrieb, Mitbestimmung durch die Beschäftigten, ist ein entscheidender Baustein für starke Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – und für den Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft. Grundlage dafür ist die große Reform des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972. Heute vor 50 Jahren ist sie in Kraft getreten.
Die Reform vom 18. Januar 1972 stärkte die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb grundlegend. Der Grundsatz Willy Brandts, „Mehr Demokratie wagen“, sollte eben nicht vor den Betriebstoren Halt machen. Viele Unzulänglichkeiten des ersten Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 wurden damit beseitigt. Die Betriebsräte erhielten Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsabläufen und wurden auch bei personellen Einzelmaßnahmen deutlich ausgebaut, ebenso wie bei sozialen Angelegenheiten. Und: Die deutsche Staatsangehörigkeit war erstmals keine Voraussetzung mehr für die Wahl in den Betriebsrat.
Auf dieser festen Grundlage hat seitdem vor allem die SPD die betrieblichen Mitbestimmung stetig weiterentwickelt und der jeweiligen Zeit angepasst: für einfachere Wahlverfahren zum Beispiel, mehr Rechte bei Beschäftigungssicherung, betrieblichen Umweltschutz und Qualifizierung. Oder auch Mitbestimmung bei der Gestaltung von HomeOffice, die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Staatsanwaltschaften können schneller tätig werden
Und heute geht es um die nächsten Schritte: Arbeitsminister Hubertus Heil will entschlossen gegen die Behinderung von Betriebsratsarbeit vorgehen. Zum Beispiel bei Lieferdiensten sehe man immer wieder, „dass Menschen drangsaliert werden, wenn sie Betriebsräte gründen wollen“, sagte Heil im Interview mit der Augsburger Allgemeinen (Samstag). Er will, dass es solche Geschäftsmodelle künftig schneller mit dem Staatsanwalt zu tun bekommen als bisher. Denn nach geltendem Recht kann die Behinderung von Betriebsratsarbeit nur auf Antrag als Straftat verfolgt werden. Viele Beschäftigte trauen sich aber natürlich nicht, den eigenen Chef anzuzeigen.
Künftig soll gelten: Die Staatsanwaltschaft kann und soll bereits tätig werden, wenn sie Kenntnis davon erlangt, dass eine Straftat vorliegen könnte. Eine Antragstellerin oder ein Antragssteller aus der Belegschaft ist also nicht mehr nötig.