Auch 30 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es zwischen Ost und West Mentalitätsunterschiede, sagt der SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig. Unterschiede können bereichernd sein - aber nicht, wenn es um das Niveau von Renten und Löhnen geht.
Zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit am 3. Oktober hat der SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig gemahnt, auch Unterschiede zwischen Ost und West zu akzeptieren. „Ich halte es für fatal, wenn wir glauben, die deutsche Einheit ist dann vollzogen, wenn es keine Unterschiede zwischen Ost und West mehr gibt“, sagte Sachsens SPD-Landesvorsitzender und Wirtschaftsminister. Dass es unterschiedliche Lebenserfahrungen, Biografien und Sichtweisen auf die Dinge gebe, könne durchaus bereichernd sein. „Es lebe der Unterschied“, sagte Dulig.
Allerdings dürften diese Unterschiede nicht zu Gerechtigkeitsfragen werden. Wenn es um bessere Löhne, Renten und Chancen gehe, dürfe die Himmelsrichtung keine Rolle spielen. Noch bleibt nach Einschätzung des SPD-Ostbeauftragten viel zu tun, um die strukturellen Ungerechtigkeiten zu beseitigen. „Es kann nicht sein, dass man etwa in Sachsen im Jahresschnitt 14 Tage länger arbeiten muss und 700 Euro weniger verdient als die Kolleginnen und Kollegen im Westen.“ Das hat vor allem mit der geringeren Wochenarbeitszeit im Westen zu tun.
Zudem würden immer noch viele Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zuerst Standorte im Osten schließen. „Viel zu oft stehen im Osten noch die verlängerten Werkbänke der Konzerne aus den alten Ländern, die zuerst abgebaut werden, wenn es Probleme gibt.“
Bereits im vergangenen Jahr schlug die Ost-SPD ein Zukunftsprogramm für einen „Vorsprung Ost“ vor. Demnach soll Ostdeutschland zur Vorreiterregion für neue Technologien werden: E-Mobilität, Wasserstoff-Technologien, künstliche Intelligenz und digitale Technologien sollen gezielt vorangetrieben werden - auch in ländlichen Regionen. Es brauche ein milliardenschweres Investitionsprogramm, damit der Osten in bestimmten Bereiche einen Vorsprung erzielen könne, so der Minister.
Das Jubiläum zur deutschen Einheit zeige, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der jüngeren Geschichte sei - auch mit der ostdeutschen. Es gehe auch darum, woher die „schwierige Stimmungslage“ in einem Großteil des Ostens herrühre. Das habe viel mit der nicht aufgearbeiteten Nachwendezeit zu tun. „Wir dürfen aber nicht nur zurückschauen. Eine ganze Generation hat mit der Zeit vor 1990 persönlich nichts zu tun und interessiert sich viel mehr für die Frage, wie es in Zukunft weitergeht“, so Dulig.