Das von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gestartete Modellprojekt „Kein Kind zurückgelassen“ hat den Praxistest bestanden. Vorbeugung funktioniert, wirkt und lohnt sich. Die Regierungschefin kündigt an, diese vorbeugende Politik für Nordrhein-Westfalen fortzusetzen, „weil sie gut für die Kinder, die Familien und die Zukunft des Landes ist“.
SPD.de: Was bedeutet eigentlich „Kein Kind zurücklassen“?
Hannelore Kraft: Wir verfolgen in Nordrhein-Westfalen eine Politik der Vorbeugung. Unter dem Leitmotiv „Kein Kind zurücklassen“ wollen wir dafür sorgen, dass Kinder in NRW gut aufwachsen können. Das heißt, sie sollen unabhängig von ihrer Herkunft und vom sozialen Status der Eltern ihre Talente und Fähigkeiten entwickeln können. Im gemeinsamen Modellvorhaben „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ hat Rot-Grün in NRW seit 2012 mit 18 Modellkommunen den Aufbau von sogenannten „kommunalen Präventionsketten“ entwickelt. Die Bertelsmann Stiftung hat das Projekt wissenschaftlich begleitet. Es ging um die Schaffung vertrauter und niederschwelliger Angebote zur Unterstützung von Kindern und Familien – möglichst lückenlos von der Schwangerschaft bis zum Eintritt ins Berufsleben. Damit entsteht eine Brücke des Vertrauens zu Eltern und Kindern von Anfang an. Ein gutes Beispiel sind Familienzentren, von denen wir inzwischen über 3.300 Standorte in NRW haben und jedes Jahr kommen 100 hinzu. Dort gibt es Angebote wie Kita, Kinder- und Jugendhilfe sowie Familienunterstützung - gebündelt und nah.
Welche Schwerpunkte und Ziele habt ihr konkret gesetzt?
Vor allem drei Gründe sprechen für eine vorbeugende Politik. Um die Chancengleichheit für alle Kinder zu verbessern, müssen wir früh handeln, gezielt fördern und ganzheitlich helfen, um soziale Benachteiligungen auszugleichen und damit langfristig auch Armut zu bekämpfen. Zweiter Grund: Alleine in NRW werden bis 2020 wahrscheinlich 630.000 Fachkräfte fehlen, wenn wir nicht gegensteuern. Deshalb müssen mehr junge Menschen bessere Abschlüsse machen. So bekommen wir die Fachkräfte, die wir morgen brauchen. Vorbeugende Politik zahlt sich außerdem für die öffentlichen Haushalte aus. Denn wer früh in Kinder und Familien investiert, spart soziale Folgekosten zum Beispiel bei der Inobhutnahme oder den „Hilfen zur Erziehung“. So hat das Bundesland Vorarlberg in Österreich unser Modellvorhaben ‘Kein Kind zurücklassen’ jetzt ebenfalls gestartet.