Scharfe Kritik aus der SPD zur Entscheidung der Kanzlerin im Fall Böhmermann. spd.de hat Reaktionen zusammengestellt.
Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments sagte nach der Entscheidung der Bundeskanzlerin:
"Die Entscheidung der Bundeskanzlerin im Fall Böhmermann halte ich für problematisch. Dadurch, dass Präsident Erdogan eine Strafanzeige gegen den Satiriker gestellt hat, die von den Gerichten sowieso verfolgt wird, erledigt sich das zusätzliche Verfahren nach einem völlig aus der Zeit gefallenen Strafrechtsparagrafen eigentlich von selbst. Politische Entscheidungsträger müssen Satire, kritischen Journalismus und die Freiheit der Kunst aushalten, denn sie sind ein wichtiges Lebenselixier aller freien Gesellschaften in Europa. Politik sollte sich bei der Beurteilung von Satire zurückhalten."
Der Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann:
"Zwischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Justizminister Heiko Maas auf der einen und Merkel sowie Innenminister Thomas de Maizière auf der anderen Seite hat es keine Mehrheit gegeben. In solchen Fällen unterschiedlicher Auffassungen trifft nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung Kanzlerin Angela Merkel eine Entscheidung. Ich halte die Entscheidung für falsch. Strafverfolgung von Satire wegen "Majestätsbeleidigung" passt nicht in moderne Demokratie."
Der Stellvertretende Parteivorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel dazu auf Facebook:
"Der Satire 3. Akt. Angela Merkels Entscheidung im Falle Böhmermann halte ich für falsch. Unser Grundgesetz schützt die Presse- und Kunstfreiheit in besonderer Weise. Dies sind unsere Werte, nach denen wir uns zu richten haben. Ich hätte von unserer Kanzlerin hier eine klar andere Haltung erwartet. Stattdessen werden wir nun Teil der türkischen Satire von Präsident Erdogan."
SPD-Vize Ralf Stegner schrieb auf Twitter:
"ZDF Satire taugt nicht für Staatsaffäre also logischerweise auch nicht für Regierungskrise. Zeigt aber Unterschiede zwischen Union und SPD!"
Der kultur- und medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Martin Dörrmann zum Fall:
"Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es versäumt, in Sachen Böhmermann ein klares Signal für Meinungsfreiheit zu setzen. Zudem ist es widersprüchlich, grünes Licht für eine Strafverfolgung zu geben, die man eigentlich für überflüssig hält und für die Zukunft ausschließen möchte. Sie jetzt doch noch zugunsten der Türkei wirken zu lassen, öffnet Spekulationen Tür und Tor, die Kanzlerin sei gegenüber der Türkei nicht voll handlungsfähig."
Elke Ferner, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen:
"Thomas Oppermann hat völlig recht! Majestätsbeleidigung ist für das vorletzte Jahrhundert."
"Ich halte das für eine falsche Entscheidung der Kanzlerin."
Niels Annen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied des SPD-Parteivorstands:
"Ich halte das für eine falsche Entscheidung der Kanzlerin."
Natascha Kohnen (Generalsekretärin der Bayern-SPD) auf Twitter: "#Steinmeier liegt richtig, #Merkel liegt falsch, peinlicher #Kotau. #Satire darf alles, §103 StGB muss weg #Boehmermann"
Ute Vogt (SPD-Präsidiumsmitglied)
"Nun hat Sie's doch getan: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf Wunsch der Türkei der deutschen Justiz die Ermächtigung erteilt, nach §104a StGB ein Strafverfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen möglicher Beleidigung des türkischen Staatschefs Erdogan einzuleiten.
Diese einsame Entscheidung der Kanzlerin finde ich falsch.
Frau Merkel hat von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und die beiden beteiligten SPD-Minister (Steinmeier und Maas) überstimmt.
Gewinner von Merkels Entscheidung ist Erdogan. Der türkische Staatschef kann und wird nun sagen: Ich verübe doch keine Presse-Zensur. Ich mach nur das, was meine deutsche Kollegin Merkel auch macht: Bei Kunst und Presse entscheide immer noch ich über richtig und falsch, über Gut und Böse. Nicht klug, liebe CDU."
Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion schrieb auf Twitter:
"Gut, dass SPD im Fall #Erdogan Haltung zu Gunsten der Grundrechte gezeigt habt und gegen Strafverfahren gegen #Boehmermann gestimmt hat."