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Aktuelles

Foto: Heiko Maas
dpa
20.01.2020 | Libyen-Konferenz

Waffenembargo und Schweigen der Waffen

Diplomatischer Durchbruch beim Berliner Libyen-Gipfel: Die in den Bürgerkrieg verwickelten Staaten haben sich zu einer Einhaltung des Waffenembargos und einem Ende der militärischen Unterstützung für die Konfliktparteien in Libyen verpflichtet. Die Libyen-Konferenz sei „ein wichtiger friedenstiftender Beitrag der deutschen Außenpolitik und ein großer diplomatischer Erfolg von Außenminister Heiko Maas“, begrüßte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans das Ergebnis. Nach vielen Jahren Bürgerkrieg gebe es „erstmals wenigstens die Aussicht auf ein Ende der Gewalt und auf Frieden in Libyen.“

„Wir haben uns heute den Schlüssel besorgt, mit dem wir den Konflikt in Libyen lösen können“, sagte Außenminister Heiko Maas am Sonntagabend im ZDF. „Jetzt müssen wir ihn ins Schloss stecken und auch umdrehen.“

Maas hatte die Konferenz in den vergangenen Monaten intensiv vorbereitet. Nach vielen Jahren Bürgerkrieg gibt es nun erstmals die Aussicht auf ein Ende der Gewalt und auf Frieden in Libyen. Dank der Vermittlung des deutschen Außenministers Maas stimmten alle zentralen Akteure im Libyen-Konflikt einem Friedensplan der Vereinten Nationen zu.

Maas zeigte sich zuversichtlich, dass die Berliner Vereinbarung den militärischen Konflikt beenden kann und einen politischen Prozess zum Frieden eröffnet. „Ich glaube, dass alle erkannt haben, … dass es keine militärische Lösung gibt, und dass alle eigentlich ein Interesse daran haben müssen, dass dieser Krieg beendet wird“, sagte Maas. „Das ist der eigentliche Erfolg dieser Konferenz.“

Noch geht es nach seinen Worten nicht darum, über einen Militäreinsatz zur Absicherung nachzudenken. Zunächst müsse aus der brüchigen Waffenruhe ein dauerhafter Waffenstillstand werden. „Und dieser wird auch beobachtet werden müssen. Da geht es nicht gleich um Militäreinsätze, da kann es erst mal um Beobachtermissionen gehen. Und darüber wird jetzt zu reden sein“, sagte Maas. Er verwies dabei auch auf das Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister am Montag in Brüssel.

Insgesamt waren 16 Staaten und Organisationen bei dem Treffen in Berlin vertreten.

Angereist zu der Konferenz waren auch der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und dessen Gegenspieler General Chalifa Haftar, ohne dass die beiden direkt miteinander sprachen. Außenminister Heiko Maas sagte, er und Merkel hätten beide getrennt getroffen und dabei auch über die blockierten Ölhäfen in dem Land gesprochen. „Beide Seiten haben sich grundsätzlich bereit erklärt, dafür eine Lösung zu finden“, sagte Maas.

In Libyen war nach Sturz und Tötung des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Die Regierung von Ministerpräsident Al-Sarradsch ist international anerkannt, hält aber nur kleine Gebiete rund um die Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes. Gegen Al-Sarradsch kämpft der General Haftar mit seinen Verbündeten, die weite Teile des ölreichen Landes beherrschen und ebenfalls aus dem Ausland unterstützt werden.

Internationale Anstrengungen zur Überwachung des Waffenembargos sollten verstärkt werden, hieß es in der gemeinsamen Erklärung der 16 Staaten und Organisationen. Gefordert wird eine umfassende Demobilisierung und Entwaffnung der Milizen. Verstöße sollen mit Sanktionen des UNO-Sicherheitsrates geahndet werden.

Foto: Libyen-Konferenz im Bundeskanzleramt
Guido Bergmann/Bundesregierung/dpa

Libyen-Konferenz im Bundeskanzleramt

Die nächsten Schritte


Auf die Berliner Libyen-Konferenz sollen nun rasch erste Schritte zur Umsetzung der Ergebnisse folgen. Es soll bald ein erstes Folge-Treffen geben, das die Grundlage für einen gefestigten Waffenstillstand schaffen solle. Aktuell gibt es in dem Bürgerkriegsland nur eine Waffenruhe.

Schon in der ersten Februarhälfte würden sich alle Außenminister der an der Berliner Konferenz beteiligten Staaten und die internationalen Organisationen in Deutschland „wiedertreffen, um diesen Prozess zu begleiten, zu beobachten und auch dafür zu sorgen, dass er bei den Menschen in Libyen ankommt“, kündigte Maas an.

UN-Generalsekretär António Guterres rief alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, nichts zu unternehmen, was diesen Weg zu einer friedlichen Lösung beinträchtigen könnte. Der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, äußerte sich ebenfalls äußerst zufrieden. „Heute war ein großartiger Tag, um uns einen Schub zu geben und die Arbeitsmoral um weiterzumachen.“

Die Abschlusserklärung


Das Papier formuliert einen neuen politischen Prozess, der eine Stärkung der zentralen Institutionen zum Ziel hat und auf eine Rückkehr zum politischen Prozess unter Führung der Vereinten Nationen abzielt. Eine Reform des Sicherheitssektors müsse das Gewaltmonopol des Staates wiederherstellen, heißt es darin.

Gefordert wird die Respektierung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Wer für Angriffe auf Zivilisten und bewohnte Gebiete, Entführungen, außergerichtliche Tötungen und sexuelle Gewalt, Folter und Menschenschmuggel verantwortlich sei, müsse zur Verantwortung gezogen werden. Die Konferenz forderte auch eine transparente und gerechte Verteilung der Öleinnahmen in dem Land.

Auch Großbritannien, Frankreich, China, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Republik Kongo, Italien, Ägypten, Algerien sowie die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Afrikanische Union und die Arabische Liga waren bei dem Treffen vertreten. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Straßen rund um Kanzleramt und Reichstag waren abgesperrt, Hotels und Botschaften schwer gesichert.

Hintergrund


Der Machtkampf in Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ausgebrochen. Im Zuge einer Parlamentswahl im Jahr 2014 teilte sich das Land in zwei Regierungen: eine in der Hauptstadt Tripolis und eine Gegenregierung in Tobruk im Osten.
Hintergrund war, dass das von islamistischen Kräften und ehemaligen Rebellen beherrschte Bündnis Fadschr Libia („Libyens Morgenröte“) seine Wahlniederlage nicht anerkennen wollte und die Macht in Tripolis an sich riss. Das neu gewählte Parlament zog dagegen in den Osten und beanspruchte ebenfalls die Macht. Die derzeitige Regierung von Ministerpräsident Al-Sarradsch nahm 2016 in Tripolis ihre Arbeit auf. Sie entstand als Folge einer Vereinbarung über die Machtteilung in Libyen unter UN-Vermittlung.

(mit dpa)