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Johannes Rau
Zweiter sozialdemokratischer Bundespräsident der Bundesrepublik
Johannes Rau anlässlich der Grundsteinlegung der neuen Münchner Synagoge und das Jüdische Zentrum am 09. November 2003:
Wer Minderheiten angreift, legt einen Sprengsatz an das Fundament unserer Gesellschaft.
Johannes Rau (1931 bis 2006) war der zweite Sozialdemokrat im Amt des Bundespräsidenten. Für ihn krönte das Amt seinen sich über mehr als 40 Jahre spannenden, verdienstreichen politischen Werdegang. Johannes Rau wirkte in vielen öffentlichen Ämtern: er war Oberbürgermeister in Wuppertal, Landesvorsitzender der SPD und langjähriger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalens, er war jahrzehntelang Mitglied des Präsidiums der SPD, die er in schwierigen Zeiten 1993 auch einmal kommissarisch führte.
Politischer Bundespräsident
Johannes Rau wollte als Präsident mehr sein als ein Mahner. Er wollte ein politischer Bundespräsident werden, und er wollte ein Präsident der Bürger sein. Schon 1994 war Rau erstmals Kandidat der SPD für das Amt; am 23. Mai 1999 wählte ihn die Bundesversammlung schließlich zum Bundespräsidenten.
Johannes Rau hat Einfluss genommen. Er griff in seinen Reden und seinem Handeln gesellschaftlich drängende Themen wie den sozialen Zusammenhalt, die Zuwanderung, die Bio- und Gentechnik oder die Globalisierung auf. Er stellte sich nicht außerhalb der Politik, sondern warb für Vertrauen in Deutschland und seine politischen Institutionen. Gleichzeitig forderte er in deutlicher Weise von Politikern und Unternehmern in Deutschland mehr Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein.
Johannes Rau genoss Vertrauen, nicht nur in Deutschland. Unvergessen geblieben ist seine Versöhnungsgeste, die ihm mit seiner Rede vor dem israelischen Parlament gelang. Am 16. Februar 2000 bat er in der Knesset um Vergebung für die von den Nazis begangenen Gräueltaten. Seine letzte Reise als Präsident führte ihn im April 2004 zu einem anderen schwierigen Partner Deutschlands, nach Polen.
Zeit seines Lebens war Johannes Rau ein Versöhner. Als Bundespräsident überzeugte Rau selbst seine schärfsten Kritiker mit einer ausgewogenen Amtsführung. Seinem aus einem gefestigten Glauben gewachsenen Motto "Versöhnen statt spalten" blieb er auch in dieser Position treu. Johannes Rau war stets auf gesellschaftlichen Zusammenhalt bedacht. Das machte ihn zu einem Politiker, der mehr als nur den Respekt der Menschen genoss. Johannes Rau war beliebt, und er war eine moralische Instanz. Auch als Bundespräsident blieb für ihn soziale Gerechtigkeit das zentrale Motiv seiner Politik.
Der Bundespräsident hat keine politische Macht. Er muss die Kraft der Sprache und das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen nutzen. Das verstand Johannes Rau so gut wie kaum ein zweiter. Er war Bundespräsident, Staatsmann, und ein liebenswürdiger Mensch.