Der Schatzmeister der SPD, Dietmar Nietan, erklärt:
Die interne Untersuchung zur Klärung der im Bericht des Politikmagazins Frontal 21 erhobenen Vorwürfe gegenüber der Arbeit der Agentur Network Media (NWMD) ist abgeschlossen.
Die Untersuchung kommt zu folgenden wesentlichen Ergebnissen:
- Die Untersuchung bestätigt sämtliche Aussagen des SPD-Schatzmeisters Dietmar Nietan in der Pressemitteilung vom 23.11. (Link: <link presse pressemitteilungen detail news dietmar-nietan-zur-frontal-21-berichterstattung>www.spd.de/presse/pressemitteilungen/detail/news/dietmar-nietan-zur-frontal-21-berichterstattung/23/11/2016/ )
- Im Zeitraum 2010 bis 2016 gab es insgesamt 64 Vorwärts-Gespräche, davon wurden 35 gesponsert.
- In keinem Fall wurde an die teilnehmende Politikerin oder den teilnehmenden Politiker (im Folgenden: Keynote-Speaker) ein Honorar gezahlt, es gab auch keine Vergünstigungen o.ä. seitens der Sponsoren.
- Keiner der Keynote-Speaker war über die Modalitäten des Sponsorings informiert. Das umfasst die Höhe des Sponsorings und den Kontakt zwischen Sponsoren und NWMD. Den politischen Keynote-Speakern wurden in den meisten Fällen lediglich die Unterstützer genannt, ohne dass dies näher ausgeführt wurde. In einigen Fällen unterblieb offensichtlich auch der globale Hinweis auf Unterstützer. Es war also für keinen der Keynote-Speaker ersichtlich, ob die „Unterstützer“ bspw. nur einen Teil des Essens bezahlt haben oder aber in einer direkten Geschäftsbeziehung mit NWMD standen.
- Keiner der eingeladenen Teilnehmer der Gesprächsrunden musste für die Teilnahme an einer Gesprächsrunde bezahlen. An jedem der gesponserten Gespräche haben Vertreter des jeweiligen Sponsors als Gäste teilgenommen.
- Der Vorwurf, NWMD würde Gespräche mit von Kunden bestimmbaren PolitikerInnen (also eine Vermittlung von Lobbyterminen mit SPD-Politikern) gegen Geld anbieten, hat sich nicht bestätigt.
- Allerdings hat ein Mitarbeiter von NWMD in dem mit verdeckter Kamera gefilmten Gespräch, das in dem Bericht von Frontal 21 ausgestrahlt wurde, einen solchen Eindruck erweckt. Im Rahmen der Untersuchung wurde kein Beleg dafür gefunden, dass dieser Eindruck zutreffend ist. Alles deutet darauf hin, dass der Mitarbeiter – aus welchen Gründen auch immer – wissentlich die Unwahrheit gesagt hat.
- Die Themen der Gespräche wurden den Keynote-Speakern meist von NWMD vorgeschlagen. Teilweise haben auch die Keynote-Speaker eigene Vorschläge eingebracht. Es gab in Einzelfällen auch Themenimpulse von Sponsoren, die in den Vorschlag von NWMD eingeflossen sind. Die letzte Entscheidung über das Thema lag aber ausschließlich beim Keynote-Speaker (bzw. dessen/deren Büro).
- Die Auswahl der Keynote-Speaker erfolgte durch NWMD. Verpflichtungen, bestimmte Keynote-Speaker zu gewinnen, wurden nicht festgestellt.
- Die Gesamteinnahmen aus dem Sponsoring der Gespräche 2010-2016 betrugen 191,8 T€. Diesen Einnahmen standen direkte Aufwendungen z.B. für Catering und Raummiete in Höhe von 140,7 T€ und Organisationsaufwendungen von 108,8 T€ gegenüber.
Folglich hat die Gesprächsreihe ein negatives Ergebnis in Höhe von - 57,7 T€ verursacht.
- In den Jahren seit 2014/2015 wurden die Vorwärts-Gespräche in stärkerem Umfang betrieben, hierbei kam es offenbar zu einer Perspektivänderung: NWMD agierte zunehmend weniger als Dienstleister des Vorwärts und entsprechend stärker als Partner der Kunden von NWMD – dies zeigt sich z.B. durch die Auswahl der TeilnehmerInnen, die sich vornehmlich aus dem Kundenkreis von NWMD rekrutierten. Der gewünschte Austausch zwischen Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und anderen gesellschaftlichen Gruppen mit der Politik im Rahmen der Vorwärts-Gespräche wurde folglich nicht mehr erreicht.
- Verstöße gegen geltendes Recht durch NWMD wurden nicht festgestellt.
Die interne Untersuchung hat zwar ergeben, dass NWMD mit den Vorwärts-Gesprächen weder ein Geschäftsmodell verbunden, noch gegen Gesetze verstoßen hat. Es hat sich aber auch gezeigt, dass im Hinblick auf die notwendige politische Sensibilität für eine sozialdemokratische Agentur eine Neujustierung des Unternehmens erforderlich ist.
Die Geschäftsführung von NWMD ist deshalb zunächst interimistisch neu besetzt und ein Compliance-Prozess ist begonnen worden.
Der von Frontal 21 verdeckt gefilmte Mitarbeiter hat die Agentur NWMD zwischenzeitig verlassen.
Darüber hinaus bleibt festzustellen:
- Bereits am Tag nach Erscheinen des Berichts von Frontal 21 wurden die Vorwärts-Gespräche eingestellt.
- Die SPD-Bundestagsfraktion wird bereits Ende Januar 2017 einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen, welcher vorsieht, Parteien-Sponsoring im Parteiengesetz in transparenter Weise ähnlich wie Parteispenden zu handhaben.
- Der SPD-Parteivorstand hat in seiner Sitzung am 12.12.2016 einstimmig beschlossen, die Sponsoring-Richtlinien der SPD dergestalt zu ergänzen, dass zukünftig eine Präsenz als Aussteller bzw. Sponsor bei einer Veranstaltung der SPD auf Bundesebene nur noch möglich ist, wenn es eine vertragliche Zustimmung dazu gibt, dass die Höhe der Nettozahlung mit dem Namen des Sponsors auf der Homepage der SPD im Bereich „Finanzen“ veröffentlicht wird.
Damit ist sichergestellt, dass alle Sponsoren der Bundes-SPD auf deren Internetseite mit der jeweils gezahlten Sponsoringsumme und deren Anlass, wie z.B. ein Ausstellungsstand auf einem Bundesparteitag, veröffentlicht werden.
- Der SPD-Parteivorstand hat ebenfalls am 12.12.2016 eine Arbeitsgruppe beauftragt, sozialdemokratische Compliance Richtlinien zu erarbeiten. Sobald der Parteivorstand diese Compliance Richtlinien beschlossen hat, sind diese durch die Vertreter des sozialdemokratischen Umfeldes zu übernehmen, wenn sie sich auf die Sozialdemokratie berufen bzw. sich in deren Eigentum befinden.
Das Dossier mit den wichtigsten Untersuchungsergebnissen inklusive einer Übersicht über die gesponserten Vorwärts-Gespräche und deren Sponsoren kann auf der Internetseite spd.de unter folgendem Link heruntergeladen werden: