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Pressemitteilung

29.05.2024 | 114/24

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) - Herrschaft des Rechts - Aufgabe der Justiz ohne Ansehung der Person

Zu den Anträgen auf Haftbefehl des Chefanklägers beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gegen führende Personen der HAMAS sowie gegen den Ministerpräsidenten und den Verteidigungsminister des Staates Israel sowie zur Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes (ICJ), Israel habe Kampfhandlungen in Rafah einzustellen, die die Zivilbevölkerung gefährden könnten, erklären die Vorsitzenden der ASJ, Antje Draheim und Harald-Baumann-Hasske:

„Es mag politisch überraschen, dass der Chefankläger eines internationalen Strafgerichts den Mut hat, gegen führende Repräsentanten eines Staates und gleichzeitig gegen die mutmaßlichen Anführer einer terroristischen Vereinigung Haftbefehle zu beantragen. Tatsächlich tut Herr Khan nur die Arbeit, die ihm das Römische Statut und die 123 Unterzeichnerstaaten, zu denen auch Deutschland gehört, aufgetragen haben.“ so Draheim.

„Gleiches gilt für den Internationalen Gerichtshof“, erläutert Baumann-Hasske: „Wenn wir davon ausgehen, dass das Gericht den Sachverhalt erforscht und die vorgelegten Beweise gewürdigt hat, scheint es so zu sein, dass die Vorgehensweise der israelischen Armee in Rafah die dort ansässige oder dorthin geflohene Zivilbevölkerung in unangemessener, unverhältnismäßiger Weise an Leben und Gesundheit bedroht. Der Gerichtshof hat dies festgestellt und genau das konkret untersagt. Er hat Israel weder untersagt, sich zu verteidigen, noch, Terroristen zu verfolgen. Auch der ICJ vollzieht die Tätigkeit, die ihm das Völkerrecht der Vereinten Nationen aufträgt.“

„Aus der Tatsache, dass Haftbefehle beim ICC gleichzeitig beantragt werden, ist ein Rückschluss auf eine Gleichsetzung der Personen, gegen die sich der Haftbefehl richtet, unbegründet. Zutreffend ist lediglich, dass nach Auffassung des Anklägers alle betroffenen Personen in erheblichem Maße Völkerrecht gebrochen haben. Diese Rechtsbrüche sind auch in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang geschehen. Eine Anklagebehörde kann jedoch nicht verpflichtet sein, die Einreichung eines Antrags auf Haftbefehl davon abhängig zu machen, gegen wen sonst noch solche Anträge gestellt werden. Eine solche Verpflichtung stünde der Objektivität und der Unabhängigkeit der Anklagebehörde entgegen. Im Völkerstrafrecht gilt grundsätzlich auch das Legalitätsprinzip: Erhält die Strafverfolgungsbehörde Kenntnis von einer Straftat, muss sie ermitteln und alle Maßnahmen ergreifen, um den Sachverhalt aufzuklären und die Täter dem Strafverfahren zu unterziehen.“

„Eine große Anzahl zivilisierter Staaten hat den ICC eingerichtet, eine andere Anzahl den Vertrag über den ICJ unterzeichnet und sich damit dessen Statut unterworfen. Das Ziel ist u.a., auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen und bei terroristischen Anschlägen der Herrschaft des Rechts Geltung zu verschaffen und keine rechtsfreien Räume offen zu lassen. Das mag manchen aus einer Situation heraus nicht opportun erscheinen, aber Strafverfolgung richtet sich nicht nach Opportunität,“ so Baumann-Hasske.
Die AsJ hat auf einer Sitzung am Wochenende diese außerordentliche Lage im Nahen Osten diskutiert. Der Vorstand richtet Appelle an beide Seiten:

Die Hamas muss endlich die weiteren Geiseln freilassen, die seit dem 7. Oktober in ihrer Gewalt sind. Sie hat den aktuellen Konflikt begonnen.

Der Staat Israel muss unbedingt das Völkerrecht achten und sollte dabei den konkreten Anordnungen des ICJ folgen, unabhängig davon, ob er dessen Gerichtsbarkeit anerkennt.