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Foto: Eine Flüssigkeit tropft aus der Kanüle einer Spritze.
dpa
09.11.2020 | Corona-Impfung zuerst für Alte, Kranke und zentrale Beschäftigte

Wer soll Corona-Impfung als Erstes bekommen?

Nach der Zulassung eines Corona-Impfstoffs sollen in Deutschland Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen bevorzugt geimpft werden. Ebenso sollen Menschen in Schlüsselstellungen in der Gesellschaft und für die öffentliche Ordnung die Impfung zuerst bekommen, also etwa Beschäftigte von Gesundheitsämtern und Sicherheitsbehörden, Polizeikräfte, Feuerwehrleute, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher.

Das geht aus einem Positionspapier des Deutschen Ethikrats, der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina und der am Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelten Ständigen Impfkommission hervor, die die Institutionen am Montag im Auftrag der Bundesregierung in Berlin vorlegten.

Auch Menschen, die etwa in Heimen für Obdachlose oder Asylbewerberinnen und -bewerber sehr beengt untergebracht seien, sollten dazuzählen, wie die Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx erläuterte. Noch seien genaue Feststellungen zur Priorisierung aber nicht getroffen, also nicht alle bevorzugten Gruppen genau identifiziert. Es fehlten noch Daten.

Hochrisikogruppen zuerst

Zuerst mit einem Impfstoff geschützt werden sollten jene, die ein „signifikant erhöhtes Risiko“ für schwere oder tödliche Verläufe hätten. „Das heißt nicht alle oberhalb von 60, nicht alle mit ein oder zwei Risikofaktoren“, sagte Buyx. „Sehr alte Patienten (...) haben mit Abstand die höchste Risikokonstellation“, betonte Buyx aber. Das gelte insbesondere, wenn sie viele Kontakte hätten, etwa in Pflegeheimen. Generell gelte: Nicht Wohltätigkeit gegenüber Einzelnen sei zunächst entscheidend, entscheidend seien eine Basisversorgung stark Betroffener und Dringlichkeit.

Das Mainzer Unternehmen Biontech und der Pharmakonzern Pfizer teilten am Montag mit, ihr Impfstoff biete einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor der Krankheit Covid-19. Schwere Nebenwirkungen seien nicht registriert worden. Biontech und der Pharmariese Pfizer wollten voraussichtlich ab der kommenden Woche die Zulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen.

Der Vorsitzende der Impfkommission, Thomas Mertens, sagte, es mache angesichts des anfangs nur begrenzt verfügbaren Impfstoffs keinen Sinn, die zuerst berücksichtigten Gruppen so groß zu fassen, dass 40 Millionen Menschen berücksichtigt würden. Bis spätestens Ende des Jahres sollten die Empfehlungen konkreter sein. „Die Priorisierung muss von den Verantwortungsträgern der Politik festgesetzt werden auf Basis der Empfehlungen.“ Buyx sprach sich für eine gesetzliche Grundlage aus, man sei in einer außergewöhnlichen Lage. Die letzte Priorisierung müssten diejenigen vor Ort treffen, „die die Spritze führen“, sagte Mertens.

Impfzentren und zentrale Datenbank

Geimpft werden soll in Zentren sowie durch mobile Impftrupps, wie Mertens ankündigt. Bewohner von Altenheimen sollten nicht in Omnibussen zu einem Impfzentrum gebracht werden müssen. Leopoldina-Präsident Gerald Haug erwartet nach eigenen Worten, dass Impfstoffe nach einem „kurzfristigen Engpass“ im Sommer 2021 breit zur Verfügung stehen. Er betonte, auf dem Weg zum Impfstoff würden alle „Regeln der Kunst“ eingehalten.

Mertens kündigte an, es solle dokumentiert werden, wer wann womit geimpft wurde, um etwaige Nebenwirkungen zu bemerken und den Impfeffekt zu messen. Die Daten könnten zur Gewährleistung des Datenschutzes pseudonymisiert werden. Wie das Nachrichtenportal „ThePioneer“ (Montag) berichtet, plant die Bundesregierung eine zentrale Dokumentation mit einem webbasierten Datenportal.

Optimismus herrscht bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hinsichtlich des Startzeitpunkts der Impfkampagne. Buyx meinte, sehr bald werde ein Impfstoff zur Verfügung stehen. Leopoldina-Präsident Haug zeigte sich zuversichtlich, dass bis zum nächsten Sommer wesentliche Schritte zur Bewältigung der Pandemie möglich seien, „wenn sich nun alle am Riemen reißen“. Er machte aber auch deutlich: Wenn Impfstoffe verfügbar werden, heiße das nicht, dass Maßnahmen wie die Kontaktbeschränkungen überflüssig werden. Zunächst würden niedrige Impfquoten erreicht.

Keine allgemeine Impfpflicht

Buyx betonte, auch Menschen ohne Versicherungsschutz hätten Anspruch auf Impfung. Zwischen privat und gesetzlich Versicherten solle nicht unterschieden werden. In ihrem Papier schreiben die Organisationen: „Weiterhin ist es entscheidend, dass Politik und wissenschaftliche Gemeinschaft Impfängsten adäquat begegnen.“ Buyx unterstrich: „Impfungen setzen eine aufgeklärte, freiwillige Zustimmung voraus. Deswegen ist eine allgemeine Impfpflicht auszuschließen.“