Am Jahrestag der nationalsozialistischen Novemberpogrome von 1938 rufen führende Politikerinnen und Politiker dazu auf, Demokratie und Toleranz gegen Hass und Gleichgültigkeit zu verteidigen.
Heute vor 82 Jahren brannten in Deutschland Synagogen, wurden Wohnungen und Geschäfte zerstört. Antisemitischer Hass und die Hetze der Nazis haben den Boden dafür bereitet, dass Millionen Menschen jüdischen Glaubens misshandelt, deportiert und ermordet wurden.
Scholz: „Schicksalstag der Deutschen“
Vizekanzler Olaf Schholz bezeichnete den 9. November als „Schicksalstag der Deutschen“. „Unglück und Glück liegen so eng beieinander wie wohl bei kaum einem anderen Datum in unserer Geschichte“, sagte Scholz. Mit der Pogromnacht 1938 habe die Verfolgung Deutschlands Jüdinnen und Juden eine neue Stufe eingenommen, die in den Holocaust führte.
1989 wiederum sei der Tag mit dem Fall der Mauer und der Öffnung des Eisernen Vorhangs zum „Glückstag“ geworden. „ In diesem Sinne erinnern wir uns heute, am 9. November, diesem komplizierten Tag unserer Geschichte“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. „Er bleibt eine Mahnung an uns alle, für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte einzutreten – Tag für Tag“.
Esken mahnt
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat zum Jahrestag der Pogromnacht an die Bürgerinnen und Bürger appelliert, sich klar gegen Antisemitismus zu stellen. „Antisemitischer Hass und die Hetze der Nazis haben den Boden dafür bereitet, dass Millionen Menschen jüdischen Glaubens misshandelt, deportiert und ermordet wurden.“
Maas: Antisemitismus erreicht Mitte der Gesellschaft
Außenminister Heiko Maas mahnte ebenfalls, niemand dürfe mit den Achseln zucken, wenn es auch heute fast täglich antisemitische Hetze und Gewalt im Netz oder auf den Straßen gebe. „Erinnern bedeutet, aus dem Gestern die richtigen Schlüsse für heute und morgen zu ziehen“, sagte er. Viele der Verschwörungsmythen rund um die Corona-Krise machten deutlich: „Antisemitismus ist auch heute kein Phänomen allein der rechtsextremistischen Ränder. Er erreicht die Mitte unserer Gesellschaft.“
Steinmeier: „Wir müssen handeln“
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zu konsequentem Handeln gegen Antisemitismus in Deutschland auf. Es beschäme ihn, dass sich Jüdinnen und Juden mit einer Kippa auf den Straßen hierzulande nicht sicher fühlten, und dass jüdische Gebetshäuser geschützt werden müssten, sagte Steinmeier in einer Videobotschaft an seinen israelischen Amtskollegen Reuven Rivlin. „Es beschämt mich, dass ein tödlicher Angriff auf die Synagoge in Halle vor einem Jahr an Jom Kippur nur durch eine schwere Holztür verhindert wurde.“ Er betonte: „Wir müssen handeln.“
Steinmeier sagte weiter, er sei dankbar, „dass die Behörden in Deutschland ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie den Polizeischutz für Synagogen aufstocken und antisemitische Straftaten mit der ganzen Härte des Gesetzes verfolgen“.
Bei den Novemberpogromen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 steckten Nationalsozialisten in ganz Deutschland Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen in Brand und misshandelten, verschleppten und ermordeten jüdische Bürgerinnen und Bürger.
Die Novemberpogrome „waren ein widerwärtiger Gewaltausbruch, der auf lange Jahre der Diskriminierung, Einschüchterung und Anfeindung folgte. Sie waren ein Vorbote der unfassbaren Verbrechen der Shoah, die meine Landsleute einige Jahre später verüben sollten“, so Steinmeier. „Und sie sind eine eindringliche Warnung an uns heute.“