Zum 80. Geburtstag von Inge Wettig-Danielmeier erklären die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) Elke Ferner und die ehemalige ASF-Bundesvorsitzende Karin Junker:
Eine Ikone der sozialdemokratischen Gleichstellungspolitik wird 80: Gratulation, Inge Wettig-Danielmeier!
Deutschlands Frauen haben ihr wesentlich den Aufbruch in eine emanzipatorisch geprägte Frauenpolitik zu verdanken, die bis heute den Weg für die Gleichstellung der Geschlechter vorgibt. Schon 1968 nahm sie den Kampf für eine bis dahin nur unzureichend zugestandene eigenständige Frauenarbeit in der SPD auf, der 1973 mit Erfolg zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen“ (ASF) führte, deren Vorsitz sie 1981 übernahm. Da hatte sie sich schon einen Namen als Bildungspolitikerin im niedersächsischen Landtag gemacht, in den sie 1972 als zweite Frau in der Geschichte des Landes eingezogen war – wohl wissend, dass gleichberechtigte Bildungsbeteiligung von Mädchen und Frauen der Schlüssel für Selbstbestimmung, persönliche Unabhängigkeit und gesellschaftliches Fortkommen ist.
Das Angebot der Parteiführung, Frauen in den Gremien eine 20-Prozent-Quote einzuräumen, lehnte sie vehement ab, weil diese den Minderheitenstatus von Frauen festgeschrieben hätte. In der sogenannten Mindestabsicherung, nämlich einer Satzungsquote von mindestens 40 Prozent für beide Geschlechter, sah sie schließlich die Chance, für Frauen in Führungsgremien und Parlamentsfraktionen am Ende eine paritätische Beteiligung zu ermöglichen. Daraus wurde ab 1988 eine wahre „Zeitenwende“, wie sie es nannte. Die Zahlen belegen es, auch wenn noch nicht alle Gleichheitswünsche erfüllt sind.
Inge Wettig-Danielmeier, die schließlich 1990 vom niedersächsischen Landtag in den Bundestag wechselte, kämpfte mit unverdrossenem Engagement an vielen frauen- und gleichstellungspolitischen Fronten vom Namens- bis zum Familien- und Scheidungsrecht. Bekanntlich wurde erst 1977 das gesetzliche Leitbild der Hausfrauenehe zugunsten eines partnerschaftlichen Verständnisses abgeschafft. Ihr spektakulärster Erfolg im Deutschen Bundestag war nach Jahren ideologischer und juristischer Grabenkriege bis hin zum Verfassungsgericht und zurück ihr Einsatz für einen fraktionsübergreifenden Kompromiss zum Schwangerschaftsabbruch, welcher Schluss machte mit der Kriminalisierung von Frauen, die in einem Schwangerschaftsabbruch einen Ausweg aus der Not sahen. Der Abtreibungstourismus hörte auf, die angebotenen Hilfen wurden nicht selten angenommen, die Abbruchzahlen sanken bis heute deutlich.
Ein nachhaltiger Erfolg in der SPD gelang ihr mit der Einflussnahme auf das Berliner Programm, in dem das Gleichstellungsthema ab 1989 einen hohen Stellenwert einnahm. „Der Programmentwurf“, so Inge Wettig-Danielmeier, „machte deutlich, dass [...] nur eine andere Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann zur Gleichstellung führt und dass wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unsere programmatischen Vorstellungen selbst leben müssen“. Das ist weiterhin der Maßstab für die ASF und das politische Handeln der SPD.
Ihr jahrzehntelanges hartnäckiges Eintreten für Geschlechtergerechtigkeit fand Beachtung und Anerkennung auch in vielen Funktionen der Partei als Mitglied von Parteivorstand und Präsidium, als Vorsitzende des Kommission Bildungspolitik beim SPD-Parteivorstand und vor allem ab 1991 als Schatzmeisterin der SPD – als erste Frau in diesem verantwortungsvollem Amt. Diese Funktionen hat sie heute nicht mehr inne. Aber eine Ikone der Frauen- und Gleichstellungspolitik wird sie lebenslang bleiben, nicht nur für die SPD!