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Screenshot: Kriegsgegnerin unterbricht Nachrichten in Russlands Staats-TV
Social Media/dpa

„Hier werdet ihr belogen“ – Mitarbeiterin unterbricht Nachrichten im Staatsfernsehen

15.03.2022 | Mut im Widerstand

Russians against war!

Kritik in Russland an Putins Krieg oder dem Regime insgesamt ist gefährlich. Tausende Menschen wurden dafür in den vergangenen Wochen schon verhaftet. Trotzdem gehen viele weiter auf die Straße – und eine besonders mutige Frau auch ins Fernsehen.

Viele Menschen in Russland nehmen nur die staatliche Propaganda wahr, die weder von einem Krieg spricht noch Hintergründe oder Zusammenhänge darstellt. Eine unabhängige, freie Berichterstattung gibt es spätestens nach dem jüngst beschlossenen Mediengesetz nicht mehr.

Trotzdem kann Putin das Land nicht gänzlich gegen die Wahrheit abschotten und viele Russinnen und Russen zeigen öffentlich ihren Landsleuten und der Welt, dass sie den Krieg ablehnen – mit hohem persönlichen Risiko: Fast 1.000 Menschen wurden nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info allein am vergangenen Sonntag bei Protesten gegen Putins Krieg festgenommen. Seit Beginn des Überfalls auf die Ukraine sollen es inzwischen insgesamt über 14.000 sein.

Frauen und Männer, die wissen, wie gefährlich Protest ist – und sich trotzdem öffentlich gegen Putins Krieg und für Frieden stark machen.

„Nein zum Krieg“ – zur Hauptsendezeit

Eine besonders mutige junge Frau hat ihre Friedensbotschaft jetzt über das staatliche Fernsehen in viele Millionen russische Haushalte gebracht. Marina Owsjannikowa, Mitarbeiterin des Fernsehsenders tritt in der Hauptnachrichtensendung hinter der Moderatorin ins Bild und ruft mehrfach „Nein zum Krieg!“ In den Händen ein Plakat, unter anderem mit der Aufschrift: „Russians against war“.

Zuvor hatte sie bereits ein Video gepostet und betont, dass nur ein Mensch für die Aggression verantwortlich ist: Wladimir Putin. Die junge Frau soll umgehend von der Polizei verhaftet worden sein. Ihre Erklärung im Wortlaut:

„Das, was jetzt in der Ukraine geschieht, ist ein Verbrechen. Und Russland ist der Aggressor. Und die Verantwortung für diese Aggression liegt nur auf dem Gewissen eines Menschen - und dieser Mensch ist Wladimir Putin.

Mein Vater ist Ukrainer, meine Mutter ist Russin - und sie waren nie Feinde. Diese Kette an meinem Hals ist wie ein Symbol dafür, dass Russland den Bruderkrieg sofort stoppen muss und unsere Brudervölker sich noch versöhnen können.

In den vergangenen Jahren habe ich leider beim Ersten Kanal gearbeitet und mich mit Kreml-Propaganda beschäftigt. Ich schäme mich jetzt sehr dafür. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass vom TV-Bildschirm gelogen wurde. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass Russen in Zombies verwandelt wurden.

Wir haben 2014 geschwiegen, als das alles anfing. Wir sind nicht für Demonstrationen rausgekommen, als der Kreml Nawalny vergiftet hat.

Wir haben dieses menschenfeindliche Regime einfach nur stillschweigend beobachtet. Jetzt hat sich die ganze Welt von uns abgewendet. Und noch zehn Generationen unserer Nachfahren werden sich von der Schande dieses Brudermord-Krieges nicht reinwaschen können.

Wir, die russischen Menschen, können denken und sind klug. Es liegt nur an uns, diesen ganzen Wahnsinn zu beenden. Geht demonstrieren. Fürchtet nichts. Sie können uns nicht alle einsperren.“

Solidarität mit der Ukraine